08.05.2014 16:26:31

LANXESS-Neuausrichtung wird ein Marathon-Lauf

   Von Heide Oberhauser-Aslan

   Die erste Etappe hat der neue CEO und frühere LANXESS-Finanzvorstand Matthias Zachert fünf Wochen nach seinem Amtsantritt erfolgreich hinter sich gebracht. Die Kapitalerhöhung, die dem kriselnden Konzern das notwendige Geld für den Umbau in die Kassen spült, ist erfolgreich platziert. Doch die Neuausrichtung des Kautschuk-Spezialisten wird ein Marathon-Lauf, und die entscheidenden Etappen liegen noch vor Zachert.

   Immerhin, mit der am Donnerstag platzierten Kapitalerhöhung hat LANXESS gut 430 Millionen Euro bei den Investoren einsammeln können. Normalerweise führen Kapitalerhöhungen zu Kursverlusten, nicht aber so bei LANXESS. Der Aktienkurs kletterte im Laufe des Donnerstags sogar nach oben und lag am Nachmittag sogar ein gutes Prozent im Plus.

   Die hohen Vorschusslorbeeren, die Zachert am Kapitalmarkt genießt, sind also noch längst nicht aufgebraucht. Dem früheren Finanzchef trauen die Investoren offenbar zu, mit dem eingenommenen Geld den Umbau von LANXESS voranzutreiben, inklusive der schmerzhaften, aber notwendigen Stilllegung von Anlagen und Entlassung von Mitarbeitern.

   Zachert selbst hielt sich bei seinem ersten öffentlichen Auftritt vor Journalisten und Investoren bedeckt. Die Neuausrichtung werde zwei bis drei Jahre dauern, und in den nächsten ein bis zwei Jahren könnte das Unternehmen wegen der Umbaukosten auch rote Zahlen schreiben. Von daher werden auch schlechte Nachrichten kommen", sagte er. Konkrete Zahlen über die Höhe der Einsparungen und den damit verbundenen Personalabbau blieb er bislang aber schuldig. Mehr Details will Zachert im zweiten Halbjahr, wahrscheinlich im Herbst nennen.

   Die Neuausrichtung verfolgt vor allem das Ziel, die Kosten zu senken und den Konzern in seinen Geschäftsfeldern wieder wettbewerbsfähiger aufzustellen. Denn da hat sich in den letzten zehn Jahren, in denen das Geschäftsmodell unverändert geblieben ist, einiges aufgestaut. Neue Wettbewerber, vor allem aus Asien, machen der ehemaligen Bayer-Tochter den Rang streitig. Zudem kämpfen die Kölner damit, dass Wettbewerber in den USA durch billiges Schiefergas Vorteile haben.

   Einige Schwächen sind bekannt. Zacherts Vorgänger Axel Heitmann hat das Portfolio von LANXESS nicht rechtzeitig ausbalanciert und mit großen, kostspieligen Investitionen in das Geschäft mit der Automobil- und Reifenindustrie zu einseitig ausgerichtet. Das wurde besonders 2013 deutlich, als LANXESS im Vergleich zu anderen Wettbewerbern einen deutlicheren Gewinneinbruch verzeichnen musste. Doch wie Zachert die Balance wiederfinden will, wollte er am Donnerstag noch nicht verraten.

   Gleichzeitig gibt es gegenwärtig ein Überangebot an Kautschuk in den Märkten, was zu einem Preisverfall führte. Zachert schätzt, dass dieser Trend in den nächsten ein bis zwei Jahren noch anhalten wird. Und LANXESS verschärft mit Investitionsentscheidungen der Vergangenheit das Problem sogar noch weiter: Auch LANXESS selbst wird 2015 noch weitere Anlagen auf den Markt bringen, wie etwa die im Bau befindlichen neuen Großanlagen in Singapur und eine weitere in China. LANXESS muss hier versuchen, wieder wettbewerbsfähig zu werden und die Kosten senken. Das kann in der Produktion entweder über die temporäre oder komplette Schließung von Anlagen erfolgen. Hier wird Zachert ansetzen müssen.

   Immerhin eine Neuerung kündigte Zachert direkt an: Er will mit dem Tabu seines Vorgängers brechen, dass LANXESS keine Gemeinschaftsunternehmen eingeht. Im Kautschukbereich, wo Lanxess Marktführer ist, signalisiert Zachert die Bereitschaft, dass das Unternehmen offen ist für strategische Partnerschaften, etwa bei Rohstoffen, der Verarbeitung und Produktion oder im Marketing und Vertrieb der fertigen Produkte. Beispielsweise könnte LANXESS mit Partnern in einer Region einen längerfristigen Rohstoffliefer- und Leistungsvertrag schließen und mit dem Partner als Team gemeinsam am Markt auftreten.

   Auch Joint Ventures mit Kapitalverflechtung kann sich Zachert vorstellen. In den kommenden sechs bis zwölf Monaten will Zachert zum Beispiel mit den großen petrochemischen Staatskonzernen etwa in Saudi Arabien sprechen. Wir sind da offen für Gespräche.", sagte er.

   Sorgen bereitet Zachert auch die hohe Verschuldung des Konzerns. Seit 2011 hat LANXESS viel investiert, um die Geschäfte voranzubringen. Prinzipiell seien Investitionen zwar richtig, doch die Höhe der Investionen -- 7 bis 8 Prozent vom Umsatz pro Jahr -- hält Zachert für zu hoch. Zumindest für zu hoch für einen Wert aus der chemischen Industrie, die einem ständigen zyklischen Auf und Ab ausgesetzt ist. Geht es im Konjunkturzyklus einmal bergab, wird man deutlich härter davon getroffen, wenn man auch noch zusätzlich von hohen Investitionen belastet wird." Zudem seien die Investitionen hauptsächlich im Kautschukbereich getätigt worden, was die einseitige Ausrichtung auf die Auto- und Reifenkunden weiter verfestigt hat.

   Die Verschuldung des Konzerns ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Sie ist im letzten Jahr im Verhältnis zur Profitabilität (Nettoverschuldung zu EBITDA) auf 4,2 angestiegen. Nach der Kapitalerhöhung käme LANXESS ungefähr bei dem Faktor 3,7 heraus. Auch das bedeutet noch nicht die Rückkehr zur alten Bilanzstärke. Damit rechnet Zachert erst, wenn die hohe Investitionstätigkeit zur Fertigstellung der im Bau befindlichen Anlagen abflacht.

   Ich bitte daher um Verständnis dass wir extrem schnell agieren mussten, um wieder die Solidität für den Konzern herbeizuführen", begründete Zachert die Eile, mit der die Kapitalerhöhung durchgezogen wurde. Er wolle für LANXESS wieder "eine gute finanzielle Basis schaffen, damit wir den Konzern wieder auf die Erfolgsspur bringen."

   Ob das gelingen wird, ist noch offen. Erst wenn die Maßnahmen feststehen und umgesetzt sind, wird sich zeigen, in welchem Umfang Zachert die Rentabilität verbessern konnte. Der Kapitalmarkt traut Zachert offenbar den Marathon-Lauf zu.

   Kontakt zur Autorin: heide.oberhauser@wsj.com

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