27.03.2014 06:56:32
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Krise in der Ukraine eröffnet Schiefergas neue Chance in Europa
Von Selina Williams
LONDON--Mit der Krise in der Ukraine wächst der Druck auf Europa, ins Geschäft mit Schiefergas einzusteigen. Branchenvertreter und Politiker fordern immer lauter, der Kontinent solle sich stärker von den Erdgasimporten aus Russland lösen und eigene Alternativen entwickeln. Das, so hoffen sie, werde Europas Energieversorgung vor geopolitischen Streitigkeiten mit dem Nachbarn im Osten schützen.
Selbst US-Präsident Barack Obama mahnte am Mittwoch auf einer Konferenz in Brüssel, dass der Zwist um die Ukraine "für Europa die Notwendigkeit aufgeworfen hat, sich anzusehen, wie es seine Energiequellen weiter diversifizieren kann".
Zurzeit deckt Europa rund 30 Prozent seines Erdgasbedarfs aus Russland. Aber der Kontinent könnte stärker auf eigenes Schiefergas umschwenken. Mit rund 13,3 Billionen Kubikmetern potenziell erschließbarer Schiefergasvorkommen besitzt Europa nach Angaben der US-Energiebehörde Energy Information Administration rund 80 Prozent der in den USA verfügbaren Reserven.
Aber einige der größten möglichen Schiefergasproduzenten, darunter auch Frankreich und Deutschland, haben aus Angst vor einer Verseuchung des Trinkwassers das sogenannte Fracking verboten - jene Technologie, die Wasser, Chemikalien und Sand unter hohem Druck ins Erdreich presst, um Gesteinsschichten aufzubrechen und darin eingeschlossenes Gas zu lösen. Und in den Ländern, in denen Fracking erlaubt ist, verläuft die Erkundung neuer Vorkommen wegen der Umweltbedenken vieler Bürger nur schleppend.
In Europa bleibt die Suche nach neuen Schiefergasquellen deshalb in den Kinderschuhen, während die Schiefergasproduktion in den USA bereits auf Hochtouren läuft. Inzwischen sind die Erdgaspreise in den USA gesunken, das Land hat seine Abhängigkeit von Energieimporten deutlich verringert.
Große Ölkonzerne wie Chevron, Exxon Mobil, Royal Dutch Shell, die französische Total und die italienische Eni haben in den vergangenen Jahren mit der Sondierung europäischer Schiefergasvorkommen begonnen in der Hoffnung, die Reserven mit Gewinn ausbeuten zu können. Aber örtliche Widerstände und Vorschriften, die von Land zu Land unterschiedlich ausfallen, haben dazu geführt, dass es noch Jahre dauern dürfte, bis es in der europäischen Schiefergasindustrie irgendeine bedeutsame Entwicklung gibt.
US-Vizepräsident Joe Biden habe sich vergangene Woche bei einem Besuch in Polen für eine Lockerung der Vorschriften für die Schiefergasbranche stark gemacht, erzählt ein leitender US-Regierungsvertreter. Es sind insbesondere die ehemaligen Sowjetstaaten im Osten, die stark auf russische Gasimporte angewiesen sind und deshalb für die Schiefergasförderung offener sind als viele westeuropäische Staaten.
Die Ukraine etwa, die rund 60 Prozent ihres Gases aus Russland bezieht und in den vergangenen zehn Jahren schon zwei Mal einen Totalausfall der russischen Versorgung verkraften musste, hat den größten Anreiz, seine Schiefergasvorkommen anzuzapfen. Diese sollen die drittgrößten in ganz Europa sein. Anfang März erst drohte der russische Gasriese Gazprom der Ukraine, er werde den Gashahn zudrehen, sollte das Land ausstehende Rechnungen von rund 2 Milliarden US-Dollar nicht bald bezahlen.
(Den vollständigen Bericht und weitere tiefergehende Meldungen und Analysen zu aktuellen Wirtschafts- und Finanzthemen finden Sie auf WSJ.de, dem deutschsprachigen Online-Angebot des Wall Street Journal.)
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