27.01.2015 11:20:31
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Kabinett in Deutschland plant rückwirkend höhere Freibeträge
Von Andreas Kißler
BERLIN-- Die deutsche Regierung will rückwirkend zum 1. Januar 2015 höhere Freibeträge auf den Weg bringen, um vor allem Familien steuerlich zu entlasten. Der Grund für diese ungewöhnliche Maßnahme ist der Existenzminimumbericht, den das Kabinett am Mittwoch beschließen will und in den Dow Jones Newswires Einblick hatte. Laut dem Bericht müssen der Grundfreibetrag und der Kinderfreibetrag angehoben werden.
Der von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vorgelegte Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass ab dem Veranlagungsjahr 2015 sowohl beim Grundfreibetrag von derzeit 8.354 Euro als auch beim Kinderfreibetrag von 4.368 Euro "Erhöhungsbedarf" besteht. Nach Schäubles Berechnungen müsste der Grundfreibetrag dieses Jahr um 118 auf 8.472 Euro und nächstes weiter auf 8.652 Euro steigen, um das Existenzminimum wie vorgeschrieben steuerfrei zu stellen. Der Kinderfreibetrag müsste sich 2015 um 144 auf 4.512 Euro und 2016 weiter auf 4.608 Euro erhöhen.
"Mit entsprechenden Gesetzesänderungen kann - wegen einer Begünstigung auch noch rückwirkend - ab 2015 den verfassungsrechtlichen Anforderungen hinsichtlich der Steuerfreistellung des Existenzminimums entsprochen werden", heißt es in der Kabinettsvorlage.
Das Kabinett will nun bis Ende März eine Verabredung über die Folgen aus dem Bericht für die Familienpolitik treffen, also den genauen Umfang der geplanten Entlastung festlegen. "Die Bundesregierung wird unverzüglich gesetzgeberisch aktiv werden, sobald die geeigneten Maßnahmen feststehen", wird in der Expertise angekündigt.
Die Kabinettsbefassung fällt zusammen mit einem weiteren Bericht aus Schäubles Ministerium, nach dem es wegen der niedrigen Inflation und bereits erfolgter Anhebungen der Grundfreibeträge zurzeit so gut wie keine kalte Progression gibt. In den Jahren 2013 und 2014 waren laut Schäubles erstem "Steuerprogressionsbericht" nur geringe oder gar keine Wirkungen dieses Phänomens zu verzeichnen. Es liegt vor, wenn Lohnerhöhungen wegen der progressiv steigenden Steuern und der Inflationsrate real zu geringerer Kaufkraft führen.
"Die Berechnungen zeigen, dass es im Jahr 2013 nur zu einer vergleichsweise geringen Wirkung der kalten Progression (0,6 Milliarden Euro) und im Jahr 2014 zu gar keiner kalten Progression gekommen ist", heißt es aber in dem Bericht, den das Kabinett in Berlin am Mittwoch ebenfalls beschließen will und dessen Entwurf schon Ende Dezember für Diskussionen gesorgt hatte. "Grund sind die niedrigen Inflationsraten in Verbindung mit den Grundfreibetragsanhebungen jeweils zu Jahresbeginn."
Die Auswirkungen der kalten Progression in den Jahren 2015 und 2016 seien "vor dem Hintergrund der aktuell unübersichtlichen gesamtwirtschaftlichen Lage schwer zu prognostizieren", heißt es dort zudem. Sollte die Inflationsrate bei 1 Prozent liegen, würde das Volumen der zusätzlich entstehenden kalten Progression demnach weniger als eine Milliarde Euro betragen.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
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January 27, 2015 05:24 ET (10:24 GMT)
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