14.10.2015 18:04:40
|
Juncker wirft EU-'Chefs' Verzögerung von Milliardenhilfen vor
Juncker rechnete vor, anstelle der bei einem Krisengipfel Ende September zugesagten 1,8 Milliarden Euro für den Nothilfe-Treuhandfonds für Afrika zur Bekämpfung von Fluchtursachen seien bisher nur 9 Millionen Euro zusammengekommen. Eine Zusage von 3 Millionen Euro entfalle auf Deutschland.
Es fehlten zudem aus den Budgets der Mitgliedstaaten knapp 500 Millionen Euro für einen Syrien-Treuhandfonds. Damit sollen Nachbarländer des Krisenlands wie die Türkei, Jordanien oder der Libanon unterstützt werden. Als Beitrag für die Welthungerhilfe stünden noch 225 Millionen Euro aus. Bei den Hilfen geht es jeweils darum, entsprechende Gelder aus dem EU-Budget aufzustocken.
Die EU-Staats- und Regierungschefs werden am Donnerstag zum zweiten Mal in gut drei Wochen über die Flüchtlingskrise beraten. Dabei wird es auch um den EU-Kandidaten Türkei gehen - es ist das größte Transitland für Flüchtlinge. Mit Ankara wird über einen Aktionsplan verhandelt, um den Zustrom von Flüchtlingen einzudämmen. Junckers Vize Frans Timmermans brach dazu nach Ankara auf.
Im Gegenzug will Brüssel mehr Tempo machen beim Dauerthema Visa-Liberalisierung für türkische Staatsbürger und bis zu eine Milliarde Euro für die Flüchtlingsaufnahme zur Verfügung stellen. Juncker setzt sich - wie die deutsche Bundesregierung - dafür ein, das EU-Kandidatenland Türkei als "sicheren Herkunftsstaat" einzustufen. Mit einem entsprechenden Beschluss bereits auf dem EU-Gipfel rechne Berlin aber nicht, hieß es in Berliner Regierungskreisen.
Streit gab es vor dem Spitzentreffen über einen Grundpfeiler der europäischen Asylpolitik. Der italienische Regierungschef Matteo Renzi bezeichnete die Regel als überholt, wonach der EU-Erstaufnahmestaat für den Antrag eines Asylbewerbers verantwortlich ist. Schon zuvor hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel das sogenannte Dublin-Verfahren im Europaparlament als "in der Praxis obsolet" bezeichnet. Ein hoher EU-Diplomat verteidigte hingegen mit ungewöhnlich deutlichen Worten das System: "Es ist gefährlich, Dublin für tot zu erklären, wenn es keine Alternative gibt."
Timmermans versuchte, den Streit zu entschärfen. "Es gibt starke Gründe für eine Revision von Dublin", sagte er. "Als Dublin zustande kam, war die Lage komplett anders." In der Praxis halten sich einige Staaten nicht mehr an die Regeln. Im vergangenen Monat hatten die EU-Staaten nach langen Debatten die Verteilung von 160 000 Flüchtlingen beschlossen, weil insbesondere Italien und Griechenland mit dem Zustrom nicht mehr fertig werden.
Ein weiteres Thema des auf einen Tag verkürzten Gipfels ist der Plan des britischen Premiers David Cameron, bis 2017 ein Referendum über die EU-Mitgliedschaft seines Landes abzuhalten. Da bisher keine konkrete Forderungen aus London vorliegen, warten die "Chefs" auf Einzelheiten von Cameron.
dpa-AFX

Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!