Niederlage für Berlusconi 03.10.2013 08:05:30

Italiens Regierungschef Letta siegt bei Vertrauensabstimmung

Im Senat votierten am Mittwochmittag 235 Mitglieder für und 70 gegen Lettas Regierung, im Abgeordnetenhaus gab es am Abend 435 Ja- und 162 Neinstimmen. Erst am Vormittag hatte Berlusconi nach wachsender Kritik in seiner Partei den Plan eines Regierungssturzes aufgegeben.

   "Nicht ohne internen Streit" habe seine Fraktion beschlossen, der Regierung das Vertrauen auszusprechen, sagte Berlusconi wenige Minuten vor der Stimmabgabe im Senat. Während der kurzen Wortmeldung herrschte gebannte Stille im Saal. Letta schüttelte seinem Vorvorgänger anschließend die Hand, um ihm zu danken. Beim Verlassen des Gebäudes zeigte Letta mit Zeige- und Mittelfinger das Siegeszeichen, während rund hundert Demonstranten gegen Berlusconi protestierten.

   Der Zusammenbruch der großen Koalition in Rom wurde damit bereits abgewendet, weil Letta bei der Abstimmung im Abgeordnetenhaus eine Mehrheit sicher war. Dort sagte der Regierungschef am Nachmittag, selbst wenn es einen Unterschied zwischen seiner "politischen Mehrheit" und dem Ergebnis der Vertrauensabstimmung im Senat gebe - "das Wichtige ist, dass die Situation geklärt wurde".

   Die Märkte, die von der Krise ins Minus gezogen worden waren, drehten sofort nach dem Kursschwenk Berlusconis ins Plus. EU-Kommissionschef José Manuel Barroso begrüßte das Fortbestehen der italienischen Regierung. Am Abend folgte dann wie erwartet Lettas Erfolg im Abgeordnetenhaus. Daraufhin meldete sich auch Italiens Präsident Giorgio Napolitano zu Wort und gratulierte Letta in einer Mitteilung zu seiner bestandenen "Bewährungsprobe".

   Berlusconi hatte am Samstag den Rückzug von fünf Ministern seiner Partei Volk der Freiheit (PdL) aus dem Kabinett veranlasst und damit eine Regierungskrise heraufbeschworen. Beobachter vermuteten einen Versuch des früheren Regierungschefs, den drohenden Verlust seines Senatspostens und damit seiner Immunität zu verhindern. Berlusconi war im August wegen Steuerbetrugs rechtskräftig verurteilt worden.

   Berlusconi begründete seinen Rückzieher am Mittwoch mit den von Letta angekündigten Steuersenkungen. Einer der parteiinternen Rebellen, Maurizio Sacconi, sagte jedoch, der "Cavaliere" habe einsehen müssen, dass nur ein Viertel der PdL-Abgeordneten seinen Kurs unterstützt habe. Berlusconis Manöver hatte einen Sturm der Entrüstung auch in den eigenen Reihen ausgelöst. So stellte sich PdL-Chef und Vizeregierungschef Angelino Alfano am Dienstag offen gegen Berlusconi.

   Unmittelbar vor Berlusconis Rede zirkulierte im Senat eine Liste, auf der 23 PdL-Abgeordnete ihre Unterstützung für Letta kundtaten. Dies hätte dem Regierungschef ausgereicht, um die Vertrauensabstimmung auch ohne Berlusconis Hilfe zu gewinnen. Der Ministerpräsident stärkte den Abweichlern den Rücken. Er ertrage keine "Moralpredigten gegenüber denen, die ihre Meinungen ändern", sagte er.

   Unklar blieb zunächst, ob die Spannungen innerhalb der PdL zu einer Abspaltung der Abweichler führen werden. Am Freitag entscheidet der Immunitätsausschuss des Senats in zweiter Lesung, ob Berlusconi sein Sitz in der Kammer entzogen wird. In einer ersten Abstimmung hatte der Ausschuss für einen Ausschluss aus dem Senat gestimmt.

   DJG/bam

   Dow Jones Newswires

ROM (AFP)

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