15.05.2014 11:10:32
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In neuen Autos wird das Internet zum Standard
Von Neal E. Boudette
Die seit langem angekündigte Informations- und Unterhaltungsoffensive der Automobilbranche mit vielen Smartphone-Apps kommt inzwischen richtig in Fahrt. Die Hersteller reagieren auf nicht abreißende Anfragen von Kunden. Sie wittern zudem massive zusätzliche Umsätze. Das Ziel: Barrieren zwischen Soft- und Hardware sollen niedergerissen und Fahrzeuganzeigen mit Apps sinnvoll ergänzt werden.
Inzwischen trifft eine ganze Flut neuer Modelle in den Schauräumen ein, die auf ihren Armaturenbrettern über neueste Elektronik verfügen. Dadurch wird es dramatisch einfacher, auf Smartphone-Apps zuzugreifen, die in Echtzeit Verkehrskarten aktualisieren, Parkplätze anzeigen und Wetterberichte für die Fahrtroute liefern. "Dieses Jahr ist ein Wendepunkt", erklärte der Analyst Thilo Koslowski vom Marktforschungsunternehmen Gartner. "Es gab schon bisher eine Menge Gerede um Apps im Auto, aber ab 2014 setzt die Revolution wirklich ein."
General Motors startete mit der Musik-Streaming-App Pandora für die Armaturenbretter der meisten Chevrolets, Buicks und Cadillacs. Honda liefert in seinen Autos Aha Radio. Wer sich 2014 einen Mercedes-Benz leistet, bekommt die Radio-App TuneIn gleich mit dazu. Ab nächstem Jahr werden GM und Audi mit neuen Modellen starten, die über 4G-Hochgeschwindigkeits-Internetverbindungen verfügen, so dass die Fahrer ihr Smartphone gar nicht herausholen müssen.
BMW will gleich einen ganzen App-Store ins Leben rufen, basierend auf dem Konzept von Apples iTunes. Spezielle Autoapps können dann von den Fahrern heruntergeladen werden. Der Store soll noch dieses Jahr in Europa an den Start gehen und im Folgejahr in den USA.
Für die Autobauer werden Elektronik- und Kommunikationsfähigkeiten zu Schlüsselfunktionen. Für viele Käufer, insbesondere die heißumworbenen jüngeren Kunden und Fahranfänger, sind sie wichtiger als Pferdestärken und der Lenkungskomfort. "Dies markiert einen gewaltigen Übergang der Branche im digitalen Kontext", freut sich der Kopf hinter Audis Infotainment-Systemen, Mathias Haller.
Die Autoproduzenten können es sich nicht leisten, zurückzufallen oder bei der Armaturentechnologie auf das falsche Pferd zu setzen. Ford war lange Zeit ein Vorreiter mit seinem Sync-System. Später entpuppten sich komplexere Varianten aber als fehleranfällig und frustrierend für die Kunden. Für Ford ein ziemliches Fiasko: Das Unternehmen verlor an Boden bei Autokritikern.
Die aktuelle Revolution lässt sich auch als Carapps 2.0 bezeichnen. In den vergangenen Jahren hatten neue Autos Technologie wie USB-Anschlüsse, Mikrofone und Bluetooth. Die Fahrer konnten frei sprechen - ohne Hand am Handy. Bei einigen Modellen ist es möglich, Podcasts zuzuhören oder Musik-Streams auf dem Smartphone abzuspielen. Die erste Generation dieser Schnittstellen war oft klobig, potenziell gefährlich und lenkte ab. Von verwirrenden Sprachkommandos frustrierte Fahrer mussten schließlich doch zu ihren Handys greifen und komplizierte Menüs bedienen, was die Sicherheit alles andere als erhöhte.
"Je weniger ein Fahrer unterwegs lernen muss, umso sicherer ist die Bedienung", meint der Mercedes-Direktor Kal Mos. Ein besonders nutzerfreundliches System könnte in Mercedes-Autos bis zum Jahresende eingebaut sein, so Mos. Wie reibungslos die neue Technik funktioniert, erlebt die Computer-Expertin Christine Bickley aus New Jersey. Sie fuhr jüngst in ihrem Kia Forte. Das Infotainment-System verband sich automatisch mit ihrem Galaxy-Smartphone von Samsung. Dadurch hatte sie Musik-Streaming im Auto von ihrer Lieblingsapp Spotify. Sie musste nicht ein einziges Mal ihre Hände vom Lenkrad nehmen oder ihre Augen von der Straße abwenden.
"Es ist so cool. Das System verbindet sich per Bluetooth, wenn ich ins Auto steige. Auf dem Lenkrad gibt es einen Knopf, mit dem ich die Playlisten ändern kann. Ich fasse mein Handy nicht einmal an - es bleibt in der Handtasche", jubelt Bickley. Die Informationen zum Künstler, Song und der Playliste, die üblicherweise vom Smartphone angezeigt werden, erscheinen einfach auf der Autoarmatur.
Automobilbranche und Technologieanbieter beäugen einander weiter kritisch. Aber sie haben auch eine Menge zu gewinnen, wenn sie Verbraucher wie Bickley auf ihre Seite ziehen können. "Es ist ein absolutes Wettrüsten, Smartphone-Technologie in jedes Auto zu bekommen", erklärt Vizepräsident Kanwalinder Singh vom Chiphersteller Qualcomm, dessen Komponenten zunehmend in Fahrzeugen Verwendung finden. Jährlich würden weltweit rund 100 Millionen Autos verkauft, doch nur 10 Prozent hätten die modernen Kommunikationssysteme eingebaut.
Apps fürs Musik-Streaming und zur Navigation sind nur der Start. Ford präsentierte bereits ein Infotainment-System, mit dem sich per App eine Bestellung beim nächstliegenden Domino-Pizza-Restaurant abgeben lässt. Zuletzt erlaubten die Autohersteller Software-Entwicklern, die Nutzung von Daten aus dem Auto selbst - wie etwa den Spritverbrauch. Die Entwickler schwärmen bereits von Apps, mit denen für jede Tour detailliert der Benzinverbrauch aufgezeichnet werden kann. Es könnte ein Wettstreit unter Freunden und Familienmitgliedern entstehen, wer am spritsparsamsten fährt.
"Alles, was bei Smartphones aufgetaucht ist, wird auch in Autos zur Geltung kommen", kündigt Gründer Bryan Trussel von Glympse an. Das Unternehmen produziert eine App, mit der sich der Standort von Freunden bestimmen lässt. BMW und andere Autobauer haben Glympse seit diesem Jahr in ihre Fahrzeuge eingebaut.
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May 15, 2014 05:07 ET (09:07 GMT)
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