Immofinanz-Prozess 06.06.2014 06:00:00

Immofinanz hätte über Aktienkäufe informieren müssen

Für den Richter ist klar: Mit Aktienkäufen im Ausmaß von mehreren hundert Millionen Euro sei eine "riesige künstliche Nachfrage" geschaffen geworden, die "zwangsläufig" den Kurs in die Höhe getrieben habe. Die Firma hätte die Deals ad hoc publizieren müssen.

Das am Mittwoch zugestellte Urteil des Bezirksgerichts für Handelssachen (BGHS) Wien ist nicht rechtskräftig, die Beklagte will berufen.

Wieder einmal setzte sich ein Gericht mit den lange verschwiegenen Immofinanz- und Immoeast-Aktienkäufen der Constantia Privatbank (CPB) auseinander. Alle drei Firmen wurden damals von Karl Petrikovics geleitet. Dieser wurde im April 2013 in einem Strafprozess nicht rechtskräftig wegen Untreue an seinem früheren Arbeitgeber zu sechs Jahren Haft verurteilt.

Im nunmehrigen BGHS-Entscheid schildert der Richter prägnant, was aus seiner Sicht im Immofinanz-Imperium falsch gelaufen ist. Er bezieht sich dabei auf Zeugenaussagen von Karl Arco, damals Vorstand der Constantia Privatbank. "Dieser gab offen und freimütig zumindest die für ihn - selbst Beschuldigter im Strafverfahren - nicht belastenden Vorwürfe gegen die drei Gesellschaften zu und erklärte anschaulich die von ihm vermuteten Motive. Ohne zu beschönigen erklärte er dabei auch, warum aus seiner Sicht entsprechende Ad-hoc-Mitteilungen nicht erfolgt sind", heißt es in dem Urteil, das diese Woche ergangen ist.

Arco wurde laut dem Gerichtsentscheid im Herbst 2006 auf die erheblichen Immofinanz-/Immoeast-Aktienbestände der Constantia aufmerksam und informierte den Aufsichtsrat der Bank. Dieser habe Petrikovics angewiesen, derartige Transaktionen nicht mehr durchzuführen. Dennoch habe Petrikovics im Jahr 2007 weitere Aktienkäufe beauftragt, "die dazu führten, dass die Tochtergesellschaften der Constantia Privatbank AG etwa Ende August 2007 Aktien der Immofinanz AG und der Immoeast AG zu einem historischen Kaufpreis von insgesamt 900 bis 1.000 Millionen Euro hielten". Die Käufe seien hauptsächlich aus der letzten Immoeast-Kapitalerhöhung finanziert worden.

Darin, dass die Wertpapierkäufe mit Immoeast-Mitteln finanziert worden seien, habe Arco "eine furchtbare, die Existenz der Beklagten bedrohende Gesamtsituation" gesehen.

Für den BGHS-Richter versteht sich von selbst, dass die Rückkäufe kursrelevant waren, daher hätte es eine Pflichtmitteilung seitens der Immobilienfirmen gebraucht. "Hätte die Beklagte die Öffentlichkeit ... unmissverständlich informiert, dass mit ihren eigenen Geldern ihre Aktien um hunderte Millionen gekauft werden, wäre diese Information geeignet gewesen, den Kurs der Immoeast-Aktien erheblich zu beeinflussen".

Der Kläger hätte, wenn er das alles gewusst hätte, die Papiere nicht gekauft und folglich keinen Schaden erlitten. Daher muss ihm die beklagte Firma (Imbea Immoeast Beteiligungsverwaltung GmbH) seine 2.278 Euro samt Zinsen ersetzen.

Der Richter geht auch darauf ein, was passiert wäre, wenn die Immofirmen die Rückkäufe früher veröffentlicht hätten. "Zu einem massiven Kurssturz kam es im Oktober 2008, nachdem anlässlich einer Pressekonferenz des Nachfolgers von Dr. Petrikovics, Dr. Thomas Kleibl, bekanntgegeben wurde, dass große Aktienbestände der Immoeast bei Töchtern der Immoeast gefunden worden wären und aus den ca. 900 Millionen Euro der Immoeast ca. 512 Million Euro nicht zurückgeführt worden sind."

Der Beweis, "dass der Kurs tatsächlich beeinflusst worden ist", sei ebenso wenig erforderlich wie der direkte Nachweis einer Kausalität zwischen nicht getätigter Ad-hoc-Meldung und Kaufentscheidung des Anlegers. Es kommt laut Urteil nicht darauf an, ob ein Anleger die Pflichtmitteilung gelesen oder verstanden hat bzw. hätte. Die Geschehnisse würden zum Beispiel auch von Wirtschaftsmedien beobachtet.

Für den Anwalt des Anlegers, Michael Poduschka, ist das Urteil deshalb ein besonderes, "weil der Richter in kurzer Form die Problematik auf den Punkt gebracht hat, was ganz Österreich ohnehin schon seit Jahren weiß" - dies auf Basis der Aussagen eines Hauptbeteiligten, und nicht aufgrund umfangreicher Sachverständigengutachten, wie der Rechtsvertreter zur APA sagte.

Anders sieht das freilich die Immofinanz. "Wir werden gegen dieses Urteil Berufung erheben, da die rechtliche Würdigung des beurteilten Sachverhaltes falsch ist. Aufgrund des äußerst geringen Streitwertes können die Feststellungen des Erstgerichtes in der Beweiswürdigung nicht angegriffen werden. Von einer finalen Klärung der Rechtsfragen ist in diesem Verfahren jedenfalls nicht auszugehen", so der Konzern in einer Stellungnahme gegenüber der APA.

snu/gru

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