27.03.2014 15:34:00
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IHS/Wifo: Erholung 2014/15 intakt, weiterhin Rekordarbeitslosigkeit
Die Wirtschaftsforscher von IHS und Wifo bestätigten heute ihre Dezember-Prognose. Die Ökonomen sehen für Österreich weder Deflations- noch Inflationsgefahr. Heuer soll die Teuerung leicht auf 1,9 Prozent sinken nach 2,0 Prozent im Vorjahr. Wifo-Chef Karl Aiginger sprach bei der Präsentation der Konjunkturprognose von einer "langsamen, aber labilen Erholung". Der Aufschwung sei "nicht selbstragend". Vorgänge wie in der Ukraine seien "derzeit noch nicht ausreichend, um den Zyklus zu stören", er könne aber ins Stocken geraten. Getragen werde das Wachstum von "aufgestauten" Investitionen, einem Plus bei den Exporten und beim Konsum. "Die Rucksäcke aus Wirtschaftskrise sind aber noch schwer", meinte Aiginger.
Der Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS), Christian Keuschnigg, freute sich nach dem schwierigen und "sehr bescheidenen Jahr" 2013 über den "langsamen Aufschwung" getragen von einer internationalen Erholung. Die Wirtschaftsleistung der Eurozone werde heuer knapp unter dem Vorkrisenhöhepunkt liegen, damit sei "ein halbes Jahrzehnt verloren". Die Weltwirtschaft soll heuer um 3,5 Prozent wachsen nach 3,0 Prozent im Vorjahr und 2015 dann um 3,8 Prozent zulegen. Laut Prognosen wird das Bruttoinlandsprodukt der USA heuer um 2,7 Prozent und im kommenden Jahr um 3,1 Prozent steigen, deutlich mehr als die Eurozone mit 1,5 bzw. 1,9 Prozent. Die Krim-Krise und die Russland-Sanktionen würden ein "gewisses Risiko" für die weltweite Konjunktur darstellen, es sei aber noch offen, ob die laufenden Entwicklungen sich niederschlagen würden.
Die Bankenrettung in Österreich wird nach Ansicht der Wirtschaftsforscher das Budgetdefizit der Republik heuer auf rund 3 Prozent des BIP hinaufschnellen lassen - ohne Hilfen würde es nur 2,1 Prozent betragen. Die Hypo-Abwicklung und Einrichtung einer Abbaugesellschaft dürfte den Staatshaushalt heuer mit 4 Mrd. Euro belasten, erwarten IHS und Wifo in ihrer aktuellen Prognose.
Die mit der Verlustabdeckung bei der Hypo Alpe-Adria-Bank AG verbundene notwendige Kreditaufnahme wird laut Wifo in den Folgejahren den Zinsaufwand erhöhen und sich damit auch auf das strukturelle Defizit der Republik auswirken. Das IHS rechnet zusätzlich heuer mit 1 Mrd. Euro für die Kommunalkredit-Bad-Bank "KA Finanz" sowie die teilverstaatlichte Österreichischen Volksbanken AG (ÖVAG). Das Budgetdefizit wird vom IHS für 2014 mit 3,1 Prozent um 0,1 Prozentpunkte höher geschätzt als vom Wifo.
Für 2015 rechnet das Wifo dann wieder mit einem Rückgang der Quote auf 1,2 Prozent, "wobei ein beträchtlicher Unsicherheitsspielraum besteht", das IHS prognostiziert ein Defizit von 1,4 Prozent. "Das Budget wird durch die Hypo durcheinandergeworfen", sagte IHS-Leiter Keuschnigg bei der Präsentation der Wirtschaftsprognose. Er rechnet mit notwendigen Nachbesserungen bei der Budgetkonsolidierung, damit der Budgetpfad eingehalten werden kann.
Wifo-Chef Aiginger mahnte trotz "Unglücksfall Hypo" nicht auf eine "strategische Politik" zu vergessen. "Es kann nicht sein, dass es keine Steuerreform wegen der Hypo gibt." Ohne Entlastung des Faktors Arbeit werde die Arbeitslosigkeit weiterhin hoch bleiben. Beide Institute forderten, trotz Budgetkonsolidierung nicht auf Wachstumsakzente zu vergessen. Die staatlichen Investitionsausgaben für Bildung, Forschung und Entwicklung und Innovationsförderung dürften auf keinen Fall vernachlässigt werden. Sie warnten deutlich vor einer Unterfinanzierung der Universitäten und Grundlagenforschung.
Beide Institute drängen angesichts der Rekordarbeitslosigkeit die Regierung auf eine steuerliche Entlastung des Faktors Arbeit. Solange die Belastung nicht sinkt, wird auch die Arbeitslosigkeit nicht zurückgehen, so Aiginger. Heuer soll die Arbeitslosenrate von 7,6 Prozent auf einen neuen Rekordwert von 7,8 Prozent (IHS) oder 8,0 Prozent (Wifo) steigen.
Die Belebung der Konjunktur sei leider bei weitem nicht genug, um die Arbeitslosigkeit zu senken, meinte Keuschnigg. Das Arbeitsangebot werde weiter deutlich steigen, getrieben von einer längeren Lebenserwerbszeit, Zuwanderung und einer höheren Frauenbeschäftigungsquote. Das historisch hohe Niveau der Arbeitslosenquote würde auf einen "strukturellen Anpassungsbedarf" hinweisen. Die öffentliche Hand soll laut IHS-Chef vor allem mit "präventiven Maßnahmen" bei der Arbeitslosigkeit gegensteuern, unter anderem mit "lebenslangem lernen", Gesundheitsprävention und Frühförderung von Kindern aus bildungsfernen Schichten.
Für den Wifo-Chef gibt es "leider einen sehr starken Mismatch" am Arbeitsmarkt, gepaart mit einer Knappheit bei Fachkräften. Die hohe Überstunden- und Teilzeitzahlen in Österreich würden zeigen, dass es Friktionen in der Struktur des heimischen Arbeitsmarktes gebe.
(Schluss) cri/sp
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