Restrukturierungskosten 14.08.2013 07:06:17

ThyssenKrupp rutscht in die roten Zahlen

Das Unternehmen geriet deshalb zwischen April und Juni selbst nach Herausrechnung der Kosten für die Amerika-Werke in die roten Zahlen: ThyssenKrupp meldete für das dritte Geschäftsjahresquartal einen Nettoverlust der fortgeführten Aktivitäten in Höhe von 238 Millionen Euro. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres hatte ThyssenKrupp noch einen Gewinn von 390 Millionen Euro erwirtschaftet.

Vorstandschef Heinrich Hiesinger zeigte sich gleichwohl zufrieden. Starke Zuwächse im Auftragseingang der Industriegütergeschäfte belegen nach seinen Worten, "dass wir in der Umsetzung der strategischen Weiterentwicklung erfolgreich sind".

Das operative Ergebnis verschlechterte sich allerdings nochmals: Vor Steuern und Zinsen (EBIT) sowie bereinigt um Sondereffekte verdiente der Stahl- und Technologiekonzern im dritten Quartal seines Geschäftsjahres nur noch 332 Millionen Euro, nach 384 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum. Die Entwicklung fiel damit besser aus als von Analysten erwartet. Die Branchenexperten hatten im Durchschnitt einen Rückgang des bereinigten EBIT auf 276 Millionen Euro prognostiziert. Auch die operative Kennzahl fasst nur die Ergebnisse der fortgeführten Aktivitäten zusammen. Sie beinhaltet also nicht die Entwicklung der amerikanischen Stahlwerke.

Nimmt man auch die Kosten für die Produktionsstätten in Brasilien und den USA hinzu, hat ThyssenKrupp zwischen April und Juni unter dem Strich sogar 362 Millionen Euro verloren, nach einem Gewinn von 109 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum. Die Anlagen in Amerika leiden nämlich noch immer unter einer schwachen Auslastung. Im abgelaufenen Quartal musste ThyssenKrupp in seinem Werk in der Nähe von Rio de Janeiro zudem einen Hochofen wegen technischer Schwierigkeiten zeitweise außer Betrieb nehmen. Nach mehreren Abschreibungen stehen die Anlagen in Brasilien und den USA noch mit einem Wert von rund 3,4 Milliarden Euro in den Büchern von ThyssenKrupp. Der Konzern hat bislang mehr als 12 Milliarden Euro für sein amerikanisches Stahlgeschäft ausgegeben.

Schon im Mai des vergangenen Jahres hatte ThyssenKrupp angesichts dessen den Rückzug aus der Stahlproduktion in Amerika angekündigt. Der Stahl- und Technologiekonzern sucht seitdem einen Käufer für die Produktionsstätten. Der Verkaufsprozess allerdings ist ins Stocken geraten. Wie das Wall Street Journal Deutschland von mehreren Informanten erfuhr, verhandelt ThyssenKrupp nun auch über eine Variante, nach das brasilianische Stahlunternehmen CSN nur das ThyssenKrupp-Werk im US-Staat Alabama übernehmen würde. Vorstandschef Hiesinger sagte bei der Vorstellung der Quartalszahlen am Dienstag: "Auch wir hätten gerne schneller einen Abschluss erzielt." Der Verkaufsprozess dauere länger als erwartet, da etwa die Bieter das Hochlaufen des zeitweise abgeschalteten Hochofens abwarten wollten.

Angesichts des weiteren Verlusts erhöhte sich bei ThyssenKrupp abermals auch das Verhältnis der Nettofinanzschulden zum Eigenkapital. Das sogenannte Gearing betrug Ende Juni 185,7 Prozent und lag damit deutlich über dem mit Banken vereinbarten Grenzwert von 150 Prozent. Eine bislang nicht in Anspruch genommene Kreditlinie im Umfang von 2,5 Milliarden Euro ist damit nach früheren Angaben in Gefahr.

An der Prognose für die fortgeführten Aktivitäten allerdings hält der Konzern fest. ThyssenKrupp bekräftigte die eigene Prognose, nach der das Unternehmen mit den fortgeführten Aktivitäten im laufenden Geschäftsjahr ein bereinigtes EBIT von rund 1 Milliarde Euro erwirtschaften will. Der Umsatz werde unter dem Niveau des Vorjahres von 40,1 Milliarden Euro liegen, wiederholte das Unternehmen. Im dritten Quartal sind die Erlöse der fortgeführten Aktivitäten gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 859 Millionen Euro auf 9,5 Milliarden Euro zurückgegangen.

Auf die Entwicklung reagiert ThyssenKrupp mit Sparbemühungen: In den nächsten Jahren soll ein Restrukturierungsprogramm die Kosten des Konzerns um rund zwei Milliarden Euro senken. Einen wesentlichen Beitrag soll die europäische Stahlsparte leisten. Bei ihr will ThyssenKrupp die Zahl der Stellen um bis zu 3.800 reduzieren - unter anderem durch den Verkauf von Teilen des Elektroband-Geschäfts.

Auch Konkurrenten sind in der Stahlkrise zum Sparen gezwungen. Der Stahlhersteller Salzgitter etwa verhandelt mit Arbeitnehmervertetern über ein Kostensenkungsprogramm. Er will am Mittwoch über erste Details des Sparvorhabens informieren. Salzgitter hatte Anfang August abermals eine Gewinnwarnung ausgegeben. Auch der Stahlhändler Klöckner & Co korrigierte seine Erwartungen nach unten. Vorsichtige Hoffnung allerdings machte jüngst der Chef des luxemburgischen Stahlkonzerns ArcelorMittal, Lakshmi Mittal. In einem Interview mit dem Wall Street Journal sagte er: "Wenn Sie sich die globale Situation anschauen, liegt das Schlimmste hinter uns."

DJG/hev/jhe

Dow Jones Newswires

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