21.05.2015 13:51:45
|
Händler kritisiert EZB-Kommunikationspolitik
Von Michael-Otto Denzin
FRANKFURT (Dow Jones)-- Journalisten sollen künftig nicht mehr vorab die Redetexte von EZB-Direktoren erhalten. Diese Maßnahme, die die Europäischen Zentralbank (EZB) nach einer Kommunikationspanne im Zusammenhang mit einer Rede von EZB-Direktor Benoit Coeure ergriffen hat, droht nach Einschätzung eines Händlers technisch hoch gerüsteten Marktteilnehmern wie Hedgefonds zusätzlichen Zeitvorsprung zu verschaffen. "Die Öffentlichkeit, die durch die Journalisten repräsentiert wird, wird damit noch mehr benachteiligt", sagt der Händler.
Während Journalisten die Texte selbst lesen müssten, werteten professionelle Marktteilnehmer wie Hedgefonds die Texte in Millisekunden mit Text-Scannern aus, die Kontextzusammenhänge erkennen könnten. Die Software erkenne relevante Informationen, worauf zumeist auch ein automatischer Handel erfolge. Die gleichzeitige Veröffentlichung von Redetexten bevorzuge damit in Zukunft die Marktteilnehmer mit der besten Software und den schnellsten Computern.
"Hedgefonds zählen zu den Promotern hinter computerisierter Texterkennung, semantischer Analyse und allem was damit zusammenhängt", sagte der Händler weiter. "Wenn selbst Privatanleger mittlerweile mit Algo-Trading-Software wie Rizm arbeiten können, dann können sie sich ja vorstellen, wie weit professionelle Marktteilnehmer dann sind". Rizm ist eine Software zum Erstellen von Handelssystemen, wie sie unter anderem FXCM und Interactive Brokers ihren Kunden anbieten.
Die EZB-Entscheidung, Journalisten künftig keine Redetexte mehr Vorab mit Sperrfrist bis zur Veröffentlichung zur Verfügung zu stellen, folgt auf eine Kommunikationspanne um EZB-Direktor Coeure. Ceoure hatte Hedgefonds-Managern bei einem Abendessen gesagt, dass die EZB im Mai und Juni ihre Anleiheankäufe erhöhen werde, um während der illiquiden Ferienmonate Juli und August weniger kaufen zu müssen.
Diese exklusiven Informationen lösten am Montag allerdings keine auffälligen Marktbewegungen aus. Am Dienstag, etwa zehn Minuten vor Veröffentlichung der Rede, stieg der Bund-Future um 20 Ticks auf 154,20 Prozent und anschließend nach Veröffentlich um 9.00 Uhr nochmal um 20 Ticks auf 154,40 Prozent. Zugleich sank der Euro von 1,12 auf 1,11 US-Dollar.
Kontakt zum Autor: michael-otto.denzin@dowjones.com
(Mitarbeit: Thomas Leppert)
DJG/mod/hab/flf
(END) Dow Jones Newswires
May 21, 2015 07:51 ET (11:51 GMT)
Copyright (c) 2015 Dow Jones & Company, Inc.- - 07 51 AM EDT 05-21-15
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!