20.11.2014 13:53:00
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Großbritanniens Wirtschaft wächst endlich wieder
Im zweiten Quartal habe das Vereinigte Königreich das Vorkrisenniveau von 2007 erreicht. Der Aufschwung beflügelt auch den Außenhandel mit Österreich. Die heimischen Warenexporte erhöhten sich heuer im ersten Halbjahr um fast 12 Prozent auf 1,9 Mrd. Euro kräftig, nachdem sie schon im Gesamtjahr 2013 um 5 Prozent gestiegen waren. Hinzu kommen noch die Dienstleistungsexporte, die alleine heuer im ersten Halbjahr ein Volumen von 1,8 Mrd. Euro hatten. Das Vorkrisenniveau bei den Lieferungen ist für Österreich in Reichweite: "2015 werden wir voraussichtlich das Niveau von 2007, 4 Mrd. Euro, erreichen", erwartet der Handelsdelegierte der Wirtschaftskammer Österreich.
Die Warenimporte aus Großbritannien sind "wesentlich geringer" als die heimischen Exporte dorthin - sie nahmen heuer bis Juni um 12,5 Prozent auf nur 1,15 Mrd. Euro zu. Daraus ergibt sich für Österreich im bilateralen Warenaustausch ein Überschuss von 750 Mio. Euro - "das zweitgrößte Aktivum in der EU, nach Frankreich", merkte Karabaczek an.
Die Aufwärtsentwicklung der britischen Wirtschaft beruht laut Karabaczek auf dem Dienstleistungssektor - in der Dienstleistungsbilanz prangt ein Überschuss von 70 Mrd. Pfund (rund 88 Mrd. Euro). Der Produktionsbereich und auch speziell die Bauwirtschaft lassen noch zu wünschen übrig. Der Anteil der Produktion am britischen BIP beträgt nur noch 11 Prozent. Darunter leiden die Warenexporte: Das Handelsbilanzdefizit der Briten ist mit einem Ausmaß von 100 Mrd. Pfund enorm. Nachdem das Gros der Fertigungsstätten geschlossen wurde, ist Re-Industrialisierung nun ein Thema. Das Hauptproblem dabei: Mangels eines ordentlichen Lehrlingsausbildungssystems fehlt es an Facharbeitern.
Ein belebender Faktor für die britische Wirtschaft sei derzeit der Konsum. "Das überrascht, weil der Wohlstand nicht gestiegen ist", sagte der Wirtschaftsdelegierte und verwies auf einen Reallohnverlust von 7 Prozent seit 2008. Die Immobilienwirtschaft, die die Krise ausgelöst hat, ist wieder die treibende Kraft", räumte Karabaczek ein. "Das 'Help to buy"-Programm der Regierung habe den Immobilienmarkt wieder in Schwung gebracht - die Preise steigen.
Die Inflation haben die Briten unter Kontrolle - sie liegt erstmals seit zwei Jahren unter 2 Prozent. Auch die Arbeitslosigkeit nimmt ab und beträgt nun etwa 6,5 Prozent. Allerdings arbeiten viele Briten Teilzeit, in Billig-Jobs oder gar mit sogenannten Nullstundenverträgen ("zero-hours contracts"), bei denen es nur bei Bedarf des Arbeitgebers stundenweise Beschäftigung auf Abruf - ohne jegliche Sozialleistungen - gibt. Die Arbeitskosten in Großbritannien sind derzeit gering - "gleich niedrig wie in Spanien", so Karabaczek. Dafür bauten die Arbeitgeber nicht so viele Jobs ab.
An den Punkten Verschuldung und Budgetdefizit muss die britische Regierung noch arbeiten: Die Staatsschuldenquote hat sich in den Krisenjahren von 40 auf rund 91 Prozent des BIP mehr als verdoppelt und das Minus im Staatshaushalt liegt bei 5,7 Prozent des BIP, obwohl EU-Mitglieder eigentlich schon bei 3 Prozent einen Blauen Brief aus Brüssel bekommen. 2019 will Großbritannien ein ausgeglichenes Budget vorlegen. Gelingen soll das zu 80 Prozent mit Einsparungen, vor allem im Sozialbereich und beim Militär. Verschont bleiben lediglich die Bereiche Bildung, Gesundheit und Entwicklungshilfe. "Da ist noch ein ziemliches Tal der Tränen vor den Briten", resümierte der Handelsdelegierte.
(Schluss) kre/cs
WEB http://wko.at
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