20.11.2013 15:31:00

Griechische Ex-Außenministerin: "Medizin der Troika tötet Patienten"

Die griechische Ex-Außenministerin Dora Bakoyannis hat für die Arbeit der Geldgeber-Troika bestehend aus EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) kaum ein gutes Wort übrig. "Die Medizin der Troika tötet ihren Patienten", sagte Bakoyannis am Mittwoch bei einem Vortrag in Wien.

Die internationalen Geldgeber hätten es verabsäumt auf bitter notwendige Reformen zu drängen, so die Politikerin. Die hohe Arbeitslosigkeit und die Konsequenzen der Sparmaßnahmen haben dramatische Folgen für die Griechen, so Bakoyannis. "Die Situation heute ist nur mit Kriegszeiten zu vergleichen." Hunger sei ein drängendes Problem geworden. Allein in Athen bekommen 100.000 Menschen täglich nur von der Kirche zu essen, sagte die Politikerin. "Vor der Krise war das die Mittelschicht. Heute gibt es diese kaum noch."

Dass die Troika ihre Gelder an Sparmaßnahmen knüpfe, sei allerdings noch nicht das Problem. Griechenland müsse "natürlich" den Gürtel enger schnallen, so Bakoyannis. Das Problem sei vielmehr, dass alleine durch Einsparungen der Kern der Krise nicht bekämpft werde.

Die Ursachen für die Misere in Griechenland sieht Bakoyannis nämlich als hausgemacht. "Unser Steuersystem ist lächerlich und der Staat viel zu aufgebläht", ging sie selbstkritisch mit ihrer Landespolitik ins Gericht. Lange Zeit haben die politischen Eliten im Land gewusst, dass Griechenland nicht wettbewerbsfähig sei. "Und wir haben damals nicht genug dagegen getan", gestand Bakoyannis.

Heute seien Reformen schwierig. Zwar stellt ihre Partei, die konservative Nea Dimokratia (ND), derzeit den Regierungschef. Die notwendigen Strukturreformen seien politisch dennoch schwer umzusetzen. "Wir haben in Griechenland die Demokratie erfunden. Aber auch den Populismus." Sie spielte damit auf zuletzt populär gewordene links- und rechtsextreme Parteien in Griechenland an, die das politische Klima nachhaltig vergiften, befürchtete Bakoyannis.

Notwendig seien in Griechenland ein neues Steuersystem mit strengen Regeln gegen Steuerbetrug, Privatisierungen im großen Stil, ein schlanke und effiziente Bürokratie, und günstigere Rahmenbedingungen für neue Unternehmer. Die ersten Anzeichen für Schritte in diese Richtung seien schon vorhanden - es brauche aber mehr.

Nicht überall, wo es logisch erscheint, könne man aber sparen, sagte Bakoyannis. So gibt das NATO-Land Griechenland nach wie vor Unsummen für seine Streitkräfte aus. Das sei zwar bitter, aber auch notwendig. "Wir fühlen uns von der Türkei immer noch bedroht", klagte die Ex-Ministerin.

Bakoyannis war ab 2002 Bürgermeisterin von Athen, ehe sie von 2006 bis 2009 Außenministerin wurde. Heute ist sie nach einigen Querelen innerhalb ihrer Partei einfache Parlamentsabgeordnete. In Wien war sie auf Einladung der Gesellschaft für Außenpolitik und die Vereinten Nationen (ÖGAVN).

(Schluss) yig/mri

WEB http://www.imf.org

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