09.07.2015 15:31:00

Griechenland dominiert vorletzten Plenartag

Die Griechenland-Krise hat den Schlusstag des Parlamentskehraus dominiert. Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) machten dabei in Erklärungen klar, dass Sonntag wohl wirklich die Deadline für einen neuen Pakt ist. Ansonsten sei eine Insolvenz die Folge, erklärte Schelling. Für den Fall einer Rettung wird wohl der Nationalrat noch einmal zusammentreten müssen.

Schelling versicherte, dass bis Sonntag in der Nacht, also bis zum Ende des EU-Ultimatums an Griechenland verhandelt werde. Dann werde es zu einer Lösung kommen oder zu einem Ergebnis, das "uns allen" großen Schaden bringen könnte.

Den größten Schaden erwartet Schelling freilich für die Griechen selbst. Die EZB werde keine Liquidität mehr zur Verfügung stellen können, eine Insolvenz wäre die Folge. Was ein Euro-Aus für Griechenland bedeuten würde, skizziert Schelling kurz: Die Schulden würden sich auf 400 Prozent verdoppeln, jeder Import würde doppelt so teuer: "Das einzige, was billiger wird, ist der Tourismus, aber es wird niemand hinfahren, weil es nichts gibt."

Kanzler Faymann bedauerte, dass die Griechen vor ihrem Referendum über das EU-Reformpapier aus dem Verhandlungsprozess ausgestiegen seien. Denn eine Fortsetzung des laufenden Programms wäre viel leichter gewesen, als ein neues ins Leben zu rufen.

Dass man überhaupt noch verhandle, begründete Faymann im Wesentlichen damit, dass die Falschen von der Krise getroffen seien, die Kranken und die Arbeitslosen. Einig ist sich die Regierung, dass im Fall eines "Grexit" umgehend humanitäre Hilfsprogramme für Griechenland anlaufen müssten.

Während Faymann und Schelling in ihren Erklärungen praktisch die selbe Linie hielten, traten koalitionäre Auffassungsunterschiede auf Parlamentarier-Ebene offen zu Tage. Wieder einmal war es der schwarze Fraktionschef Reinhold Lopatka, der gegen den Koalitionspartner ausholte, diesmal gegen den Kanzler persönlich.

Der griechische Premier Alexis Tsipras sei von der europäischen Linken gefeiert worden, obwohl dieser in kürzester Zeit jedes Vertrauen verloren habe, erklärte Lopatka. Kanzler Faymann agiere dennoch als dessen "neuer Freund". Europas Regierungschefs müssten kühlen Kopf bewahren, so der Klubobmann. "Ich ersuche Sie, Herr Bundeskanzler, auf der richtigen Seite zu stehen."

SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder wiederum distanzierte sich von der Austeritätspolitik, für die nicht nur die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sondern auch die ÖVP steht. "Aus einer Krise kann man nur rauswachsen, nicht raussparen", argumentierte Schieder und folgerte: "Stupide Sparpakete führen zu keiner Lösung." Man müsse mit Griechenland kritisch solidarisch sein.

Der grüne Vize-Klubchef Werner Kogler warnte, dass eine ungeordnete Pleite die teuerste Variante für alle wäre. Griechenland sei zwar wohl ein selbst verschuldeter Kranker, der von der Therapie aber noch kranker geworden sei, ließ er die EU nicht aus der Verantwortung aus: "Wenn Sie dem Einbeinigen noch ein Bein amputieren, wird er nicht schneller laufen."

"Solidarität gegen Reformen" lautete auch der Deal, der NEOS-Klubchef Matthias Strolz vorschwebte. Das Land werde jedenfalls bei 320 Mrd. Euro Schulden ohne Schuldenschnitt nie und nimmer wieder auf die Beine kommen.

Bereits kurzen Prozess hätte das Team Stronach gemacht. Für Klubobfrau Waltraud Dietrich ist mit der griechischen Volksabstimmung, die mit einem Nein zum Sparprogramm der EU geendet hatte, die Entscheidung ohnehin schon gefallen. Die Griechen seien gegen Spar- und Reformauflagen, damit könnten sie auch nicht im Euro bleiben.

FPÖ-Klubchef Heinz-Christian Strache bezeichnete als "völlig absurd, der griechischen Tragödie einen weiteren Akt hinzuzufügen". Jedenfalls dürfe kein einziger weiterer Cent aus Österreich ohne Legitimation durch eine Volksabstimmung mehr fließen.

Zu der dürfte es nicht kommen, sehr wohl steht aber eine Sondersitzung des Nationalrats im Raum, sollte man sich doch auf weitere Zuwendungen aus dem Euro-Rettungsfonds ESM einigen. Zumindest ein Beschluss im zuständigen Unterausschuss würde da vonnöten sein, wahrscheinlicher ist, dass sich auch das Plenum der Sache wird annehmen müssen. Die entsprechende Sitzung könnte bereits in der kommenden Woche stattfinden.

(Schluss) bei/vib/mab

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