20.01.2015 07:00:00

Raiffeisen rechnet nach Griechenland-Wahlen mit Verlängerung der Hilfe

Die Raiffeisen-Research erwartet nach den Griechenland-Wahlen eine Verlängerung des mit Ende Februar auslaufenden Hilfsprogramms, und zwar egal welches Szenario bei den bevorstehenden Wahlen eintritt. Die Reaktion der Märkte auf die politische Entwicklung in Griechenland sei diesmal wohl geringer als beim Schuldenschnitt 2012.

Zwar würden die Verhandlungen nach den Wahlen am 25. Jänner zwischen einer neuen Regierung und der Troika einige Zeit in Anspruch nehmen - umso mehr, da es sich in diesem Fall wahrscheinlich um eine von der Linkspartei SYRIZA geführte Regierung handeln dürfte, doch auch für den unwahrscheinlichen Fall einer ND-Regierung. "So oder so" erscheine eine weitere Verlängerung des am 28. Februar auslaufenden Hilfsprogramms notwendig, heißt es in der Analyse.

Denn einerseits würde das Auslaufen ohne Abschluss der laufenden Überprüfungsmission einem Verzicht auf die noch ausstehende Hilfstranche in Höhe von 7,2 Mrd. Euro gleichkommen. Wichtiger sei jedoch, dass Banken seit Mai 2010 griechische Staatsanleihen (bzw. Anleihen, die vom griechischen Staat garantiert werden) unabhängig vom Rating bei den geldpolitischen Operationen der EZB als Sicherheiten verwenden dürfen, was de facto den griechischen Banken den Zugang zur EZB-Liquidität offen hält.

Per Ende November hielten griechische Banken EZB-Liquidität in Höhe von 45 Mrd. Euro. Die EZB hat bereits angekündigt, dass die Aussetzung des Mindestratings für griechische Staatsanleihen von einem erfolgreichen Abschluss der laufenden Überprüfung sowie der Einigung auf ein Folgeprogramm in Zusammenarbeit mit dem IWF abhängt. Auch vor diesem Hintergrund erscheint den Raiffeisen-Analysten eine weitere Verlängerung des Hilfsprogramms geboten.

Besonders große Turbulenzen auf den Finanzmärkten nach den griechischen Wahlen erwartet Raiffeisen offenbar nicht. Verglichen mit 2012, als der Schuldenschnitt Griechenlands zu erheblichen und sich verstärkenden Turbulenzen an den (Staatsanleihen-)Märkten geführt hatte, sei die Reaktion der Märkte auf die politische Entwicklung in Griechenland der vergangenen Wochen geradezu "vernachlässigbar" bzw. auf Griechenland beschränkt gewesen.

Dafür gebe es auch Gründe: So wurden auf institutioneller Ebene Fortschritte gemacht. Mit dem ESM wurde ein Auffangnetz geschaffen, das Staaten bei nicht vorhandenem Marktzugang die Finanzierung ermöglicht. Mindestens genauso wichtig sei die mit dem OMT (Anleihenkaufprogramm) herausgestrichene Bereitschaft der EZB, ein Auseinanderbrechen der Eurozone zu verhindern, wodurch eben dieses Risiko erst ausgepreist worden ist. Zweitens hält der Privatsektor heute (39 Mrd. Euro) viel weniger griechische Staatsanleihen als noch 2011. Ein Zahlungsausfall des griechischen Staates, der auch private Gläubiger umfasste, hätte daher weniger Auswirkungen als früher.

Und drittens befinden sich die übrigen Peripherie-Staaten laut Raiffeisen-Analyse in einer ungleich besseren konjunkturellen und strukturellen Situation als damals. So hätten Portugal und Spanien die Rezession hinter sich gelassen und seien 2014 genauso stark oder noch stärker gewachsen als die gesamte Eurozone. Überdies seien die Budgetdefizite rückläufig und die Leistungsbilanzsalden ausgeglichen oder positiv.

Für den laut Raiffeisen-Analyst Matthias Reith unwahrscheinlichen Fall eines "Grexit", also eines Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone, werden zwar schon erhebliche Turbulenzen in Griechenland und in der Eurozone erwartet. So wäre mit deutlich steigenden Risikoaufschlägen vor allem in den übrigen Peripherie-Staaten zu rechnen, diese müssten also mehr Zinsen für ihre Anleihen bezahlen. Derartige Bewegungen auf den Finanzmärkten wären jedoch eher kurzfristig. Eine sich selbst beschleunigende und längerfristige Ansteckung anderer Euro-Länder wäre eher unwahrscheinlich, wofür die Fortschritte auf institutioneller Ebene, der geringe Bestand an Staatsanleihen in privater Hand sowie die bessere Verfassung der übrigen Peripherie Staaten sprechen.

Viel schwerer würde hingegen ein "Grexit" Griechenland selbst treffen. Denn neben dem Staat könnte auch der Privatsektor seine in Euro bezifferten Verbindlichkeiten nicht mehr oder nur noch schwer bedienen. Zwar verfüge der griechische Staat mittlerweile über einen Primärüberschuss, wodurch für die laufende Finanzierung der Staatsausgaben theoretisch keine externen Finanzierungsquellen (Anleiheemissionen, Gelder öffentlicher Gläubiger) notwendig wären. Allerdings sei aufgrund der nach Austritt aus der Eurozone mit hoher Wahrscheinlichkeit folgenden tiefen Rezession abermals mit Primärdefiziten zu rechnen.

(Schluss) gru/ggr

WEB http://www.raiffeisen.at http://www.rzb.at http://www.ecb.int http://www.imf.org

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