27.01.2015 13:15:00

Wirtschaftstreibende sind nach Griechenland-Wahl verunsichert

Nach dem Regierungswechsel in Griechenland herrscht gespanntes Abwarten, in welchem Ausmaß die Wahlversprechen des linksorientierten Wahlsiegers Alexis Tsipras auch tatsächlich umgesetzt werden. "Die Syriza-Ökonomen sind ideologisch sehr geprägt und das beunruhigt die Wirtschaft", sagte der österreichische Handelsdelegierte der Wirtschaftskammer Österreicher in Athen, Gerd Dückelmann-Dublany.

"Im Augenblick ist die große Warteposition angesagt - die Trennlinie zwischen Wahlrhetorik und tatsächlicher, pragmatischer Politik ist noch nicht klar", so der Wirtschaftsdelegierte am Dienstag vor Journalisten in Wien. Tsipras möchte etwa die Privatisierung rückgängig machen bzw. stoppen. "Es ist nicht klar, ob es zu Entschädigungen oder Enteignungen kommt", sagte Dückelmann-Dublany.

Weiters hat der neue Regierungschef ein Sozialprogramm mit Mindestlöhnen und kostenlosen Strom für bedürftige Familien vorgelegt, das seiner Berechnung nach 11 Mrd. Euro kosten soll. Gegenstimmen aus dem Budgetausschuss beziffern die Kosten mit 30 Mrd. Euro. Alleine für die Schaffung von 300.000 neuen Arbeitsplätzen will Tsipras 3 Mrd. Euro ausgeben. Woher das Geld kommen soll, ist aber weitgehend unklar. Der Schuldenberg des Landes umfasst rund 320 Mrd. Euro und beträgt somit 177 Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung.

Der Linkspolitiker Tsipras will jedenfalls die Reichen belasten. Da deren Gelder zum Teil auf ausländischen Konten geparkt sind und nicht greifbar sind, rücken deren Immobilien in den Fokus. Diese sollen nun besteuert werden. Parallel dazu ist ein Steuerfreibetrag für niedrige Einkommen bis 12.000 Euro jährlich geplant. "Das hieße, 4 von 10 Griechen müssen überhaupt keine Steuern mehr zahlen", erklärte der Wirtschaftsdelegierte.

Derzeit kämpft Griechenland mit einer Arbeitslosigkeit von etwas über 25 Prozent - Anfang 2014 waren es noch 28. Prozent. Unter den Jungen ist die Quote mit knapp unter 50 Prozent doppelt so hoch.

Die Tatsache, dass die neue Regierung den Beamtenapparat wieder um 9.500 Stellen vergrößern will, stößt unter den Wirtschaftstreibenden in dem Land auf Skepsis. Zusätzliche bürokratische Hürden werden befürchtet. "Die Beamtenschaft war nie unternehmerfreundlich - die Aufblähung des öffentlichen Dienstes könnte sich zum Nachteil des privaten Sektors entwickeln", so Dückelmann-Dublany.

Alexis Tsipras will auch die Mindestlöhne von derzeit monatlich 580 Euro wieder um 28 Prozent hinaufsetzen - die alte Regierung hatte sie um etwa ein Drittel gesenkt. Weiters sollen das Streikrecht ausgeweitet und der Kündigungsschutz verstärkt werden.

Die vorangegangene Regierung, die den Reformprozess mit der Unterstützung bzw. dem Druck der internationalen Gläubiger vorangetrieben hat, sei "frustriert", so der Wirtschaftsdelegierte. Im vergangenen Jahr sei Griechenland aus einer sechsjährigen Rezession herausgekommen. Doch als im Dezember die Präsidentschaftswahl vom Zaun gebrochen wurde, habe sich die Situation "schlagartig geändert".

"Wir haben ab diesem Zeitpunkt Auftragsstornierungen ohne Ende gesehen und es ist schwierig geworden, Lieferungen abzusichern", berichtete Dückelmann-Dublany. Die großen Pharmakonzerne, die in Griechenland vertreten sind, hätten ihre Investitionen für die kommenden Monate auf Null gestellt.

Ein weiteres Zeichen für die Verunsicherung, die im Moment herrscht, ist die Welle von Barabhebungen bei griechischen Banken, zu der es seit Dezember gekommen ist. "Innerhalb von zwei Monaten wurden bereits insgesamt 8 Mrd. Euro abgehoben", erzählte der Handelsdelegierte.

(Schluss) kre/itz

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