26.01.2015 12:06:00

Bruckbauer zu Griechenland-Wahl: Schuldenschnitt politisch unmöglich

Bank-Austria-Chefökonom Stefan Bruckbauer glaubt nicht, dass die künftige griechische Regierung einen weiteren Schuldenschnitt für das Land erzwingen wird. "Ein radikaler Schuldenschnitt, gefordert durch einen erpresserischen Akt der Griechen, würde wahrscheinlich für die Griechen wenig bringen, weil sie ja eh nicht so besonders leiden unter den hohen Schulden", sagte Bruckbauer am Montag zur APA.

2014 habe der griechische Staat durchschnittlich 2,46 Prozent Zinsen auf seine Schulden bezahlt. Deutschland habe 2,45 Prozent bezahlt, Österreich 2,90 Prozent. "Die Italiener zahlen 3,38 Prozent um Geld den Griechen um 2,46 Prozent zu leihen." Ein Schuldenschnitt wäre politisch nicht möglich, aber bei den Zinsen könnte man Griechenland noch weiter entgegenkommen, meinte Bruckbauer. Auch eine Fristerstreckung für die Rückzahlung wäre denkbar.

Das wahrscheinlichste Szenario nach der Griechenland-Wahl sei es, dass man sich "nach ein wenig Gepolter auf griechischer Seite und Gegengepolter auf europäischer Seite hoffentlich auf höchster Ebene vernünftig zusammensetzt und etwas ausmacht, mit dem beide Seiten leben können". Den Griechen sei es bewusst, "dass ihre Situation zu 90 Prozent selbst verschuldet ist und nur zu 10 Prozent die Frau Merkel verantwortlich ist".

Auch würde ein Schuldenschnitt den Griechen derzeit nichts nützen, "außer man schenkt ihnen das Geld und unterstützt sie trotzdem weiter". Ein Schuldenschnitt würde nämlich die Bereitschaft, den Griechen in Zukunft entgegen zu kommen, gewaltig reduzieren, meint der Ökonom.

Auch wenn also ein offizieller Schuldenschnitt derzeit eher auszuschließen sei, sei auch nicht an eine Tilgung der Schulden zu denken. "Wir wissen alle, dass die Griechen ihre Schulden nie bezahlen werden können. Da haben die Kritiker natürlich vollkommen recht." Aber das sei auch nicht nötig. "Es genügt, wenn die griechische Wirtschaft stärker wächst als die nominellen Zinsen. Dann können sie ihre Staatsschulden konstant halten oder sogar zurückführen, und sie könnten sie dann irgendwann, wenn sie die Bonität wieder erhalten, ersetzen durch Staatsanleihen." Eine Rückzahlung der Schulden in absehbarer Zeit werde Griechenland nicht gelingen, das könnte auch Deutschland nicht in fünf oder zehn Jahren schaffen.

Der Vorwurf, das Griechenland reformunwillig sei, ist nach Ansicht Bruckbauers "überzeichnet". Im Gegenteil, die Griechen hätten seit 2010 gewaltige Reformen umgesetzt. Das gehe von der Erleichterung von Firmengründungen über die Beschleunigung von Gerichtsverfahren, Verbesserungen beim Arbeitsrecht bis zur Vereinfachung von Steuererklärungen. Auch sei die Verteilung der Steuern heute gerechter als 1999.

Das Spardiktat an Griechenland sei anfangs überzogen gewesen, "aber Tatsache ist: Die Realeinkommen in Griechenland sind heute im Vergleich zu 1999 immer noch um 26 Prozent höher". In Italien würden die Realeinkommen heute nur 22 Prozent über jenen von 1999 liegen, in Österreich um 45 Prozent.

Ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone werde "im Hintergrund der Gespräche immer da sein", meint Bruckbauer, aber dieses Argument habe heute "bei weitem nicht mehr die Kraft" wie 2010 oder 2011. "Der Euro-Raum kann ohne Griechenland sein" und würde am Austritt Griechenlands nicht zerbrechen.

(Schluss) ivn/sp

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