08.07.2015 18:56:00

Griechenland - Faymann: Währungsunion steht auf Messers Schneide

Liefert Griechenland bis morgen ein Reformpaket oder nicht? Unter den europäischen Regierungschefs bestehe durchaus "breite Skepsis", sagte Bundeskanzler Werner Faymann laut einem Vorab-Bericht im "Kurier" (Donnerstagsausgabe). Die EU sei "in einer kritischen Phase". Asyl und Währungsunion zeigten es. "Beides steht auf Messers Schneide." Es gehe um "die Zukunft der EU und deren Glaubwürdigkeit".

Die Mehrheit der Regierungschefs habe ausgedrückt, dass sie an ein verbessertes Spar- und Reformprogramm Griechenlands nicht glaube, bestenfalls hoffe. "Eine Fristverlängerung für die Griechen ist nicht mehr möglich", stellte Faymann klar.

Auf die Frage, ob es also zum Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone ("Grexit") komme, meinte der Kanzler: "Wenn die Banken zusammenbrechen, bricht auch die Wirtschaft zusammen. Das schafft dann die Fakten."

Österreich hat im Falle eines Grexit in Summe 8,56 Mrd. Euro im Feuer: Es gebe einen bilateralen Kredit im Volumen von 1,56 Mrd. Euro. Dazu komme Österreichs Anteil am EU-Rettungsprogramm mit Zinsen, Haftungen und Garantien im Umfang von 7 Mrd. Euro. "Wieviel schlagend wird, kann man schwer sagen", schränkte der Kanzler ein. In Uruguay hätten die Gläubiger 13 Prozent verloren, in Argentinien 73 Prozent. Bei den Krediten beginne die Rückzahlung erst im Jahr 2020.

Faymann hat eigenen Angaben zufolge mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker vereinbart, dass er Vermittlungsarbeit beim griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras leiste, wenn es nötig sei. "Juncker hat mich darum ersucht." Der Kanzler will dafür auch den österreichischen Chefkoordinator der Eurogruppe, Thomas Wieser, und Nationalbankchef Ewald Nowotny heranziehen.

Die EU-Partner seien "enttäuscht, dass die Athener Verhandler vom Tisch aufgestanden sind - das macht man einfach nicht".

Das bisherige Krisenmanagement der EU schade dem Vertrauen in der Welt. "Die EU ist Friedensnobelpreisträger, aber für heikle Fragen, wie Griechenland, Armut oder Flüchtlinge hat sie zu wenig Instrumente", bedauerte Faymann. Die EU sei "zu oberflächlich organisiert" und "zu wenig tief, um von der Wurzel her Probleme lösen zu können". Zu einer gemeinsamen Union sei man wegen nationaler Interessen nie bereit gewesen. "Bei Einführung der gemeinsamen Währung war es ein Fehler, bestimmt Instrumente nicht zu installieren", kritisierte der Kanzler. Derzeit schreite die EU zur Reparatur "wie ein Handwerker ohne Werkzeugkoffer".

(Schluss) kre/cri

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