"Meinungsaustausch" 11.06.2015 14:32:46

Gipfeltreffen bringt Bewegung in Schuldenstreit mit Athen

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident François Hollande berieten in der Nacht zum Donnerstag in Brüssel zwei Stunden direkt mit Ministerpräsident Alexis Tsipras. Sie einigten sich darauf, dass die Gespräche zwischen Athen und den Gläubigerinstitutionen "mit hoher Intensität" fortgesetzt werden. Griechenland hatte sich zuvor bereit erklärt, doch wieder über Sparvorgaben zu verhandeln.

   Das Dreiertreffen begann nach dem Abendessen beim EU-Lateinamerika-Gipfel. Der "Meinungsaustausch" über den Stand der Verhandlungen zwischen Athen und den Gläubiger-Institutionen sei "in konstruktiver Atmosphäre" geführt worden, erklärte die Bundesregierung nach dem Treffen, das um Mitternacht endete.

   Die EU verstehe, dass eine "tragfähige Lösung" für Griechenland nötig sei, damit seine Wirtschaft wieder zum Wachstum zurückkehren könne, sagte Tsipras nach dem Treffen. "Wir haben vereinbart, die Anstrengungen zu verstärken, um die bestehenden Differenzen zu überwinden." Die US-Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) stufte Athen am Mittwoch um eine weitere Stufe auf das Ramschniveau "CCC" herab. Diese Stufe kennzeichnet ein Land kurz vor der Zahlungsunfähigkeit.

   Wie Hollande hatte Merkel vor dem Spitzentreffen zur Eile gedrängt. "Jeder Tag zählt", sagte die Kanzlerin bei ihrer Ankunft in Brüssel. "Wir wollen Griechenland im Euroraum halten." Merkel hielt eine Einigung weiter für möglich: "Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg."

   Die Spitzen der großen Koalition einigten sich laut einem Zeitungsbericht darauf, dass Griechenland auf keinen Fall ein drittes Hilfspaket bekommen soll. Stattdessen soll gegebenenfalls das eigentlich nur noch bis Ende Juni laufende Hilfsprogramm um Gelder aus anderen Programmen erweitert werden, berichtete die "Bild"-Zeitung (Donnerstagsausgabe) unter Berufung auf "gesicherte Informationen".

   Die Verlängerung solle es aber nur gegen harte Reformen geben. "Wir wollen nicht unsere Leute dafür bluten lassen, dass die Verantwortlichen in Griechenland ihre Arbeit nicht machen", sagte laut "Bild" ein Mitglied der Bundesregierung.

   Griechenland verhandelt seit Monaten mit seinen internationalen Kreditgebern über die Bedingungen, zu denen in Aussicht gestellte Hilfen von 7,2 Milliarden Euro ausgezahlt werden sollen. Neuen Schwung in die festgefahrenen Gespräche brachte ein Treffen von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mit Tsipras am Mittwochnachmittag am Rande des EU-Lateinamerika-Gipfels, wie es aus EU-Kreisen hieß. Sie kamen überein, sich am Donnerstag erneut zu treffen.

   Die EU-Kommission hatte zuvor kritisiert, dass die jüngsten griechischen Reformvorschläge hinter den Vereinbarungen zurückgeblieben seien, die Juncker und Tsipras in der vergangenen Woche getroffen hätten. Streit gibt es insbesondere um die Ziele für den Primärüberschuss - den Haushaltssaldo vor Zinszahlungen und Schuldentilgung. Die Geldgeber wollen für dieses Jahr einen Primärüberschuss von einem Prozent, Athen bot aber zuletzt weiter nur 0,75 Prozent an. Von dem Haushaltsziel hängt ab, wie stark die Regierung des Linkspolitikers Tspiras sparen muss.

   "Es ist sehr schwer für die griechische Seite, mehr Zugeständnisse zu machen", sagte ein griechischer Regierungsvertreter am Mittwoch. "Aber wir sind bereit, darüber zu diskutieren." Die Frage eines Primärüberschusses von einem Prozent liege "auf dem Tisch".

   Gleichzeitig erwägt die griechische Regierung, einen Antrag auf Verlängerung des europäischen Hilfsprogramms zu stellen. "Wir diskutieren eine Verlängerung des Programms um neun Monate bis zum März 2016", hieß es aus griechischen Regierungskreisen. Ziel müsse sein, Griechenland eine Finanzierung zu sichern, "die es erlaubt, die griechische Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen und nicht nur Rückzahlungen (an die Gläubiger) zu decken". Athen spekuliert schon seit längerem auf 10,9 Milliarden Euro, die bis Februar im griechischen Bankenrettungsfonds HFSF lagen, dann aber auf Druck Deutschlands an den Euro-Rettungsfonds EFSF zurücküberwiesen werden mussten.

   DJG/jhe

   Dow Jones Newswires

   BRÜSSEL (AFP)

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