25.05.2016 10:58:00
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Ghizzoni-Rücktritt - UniCredit-Konzernumbau erwartet
Ghizzoni gibt sich damit der Kritik von Investoren endgültig geschlagen. Einige Großinvestoren hatten den niedrigen Aktienkurs kritisiert. In diesem Jahr haben UniCredit-Aktien 39 Prozent an Wert verloren. Seit seinem Amtsantritt vor sechs Jahren sind die Papiere sogar um 75 Prozent billiger geworden. Zudem hatte Ghizzoni mit seinem im November vorgestellten Sparprogramm - das auch in der Bank Austria tiefe Einschnitte bringt - nicht überzeugt.
Der Verwaltungsrat dankte Ghizzoni (60) gestern Abend indes für "die hohe Qualität seiner Arbeit im Interesse der Gruppe, der Aktionäre und der Mitarbeiter". Ghizzoni habe die Bank mit "großer Kompetenz" in extrem schwieriger Konjunktur geführt, wie es in einer knappen Mitteilung hieß.
Insidern zufolge will die Bank bei der nächsten Sitzung des Verwaltungsrats am 9. Juni einen neuen Chef ernennen. Damit könnte auch der Weg für einen größeren Umbau des - gemessen an der Bilanzsumme - größten Geldhaus des Landes und eine milliardenschwere Kapitalerhöhung geebnet sein.
Der Aufsichtsrat und Ghizzoni seien übereingekommen, dass es Zeit für einen Wechsel sei, teilte UniCredit mit. Der Manager habe seine Bereitschaft für eine Auflösung seines Vertrages erklärt. Ghizzoni wurde 2010 Chef der Großbank, zu die Wiener Bank Austria und ein umfangreiches Ostbankennetz gehört, aber auch die deutsche HypoVereinsbank. Ghizzoni stand seit geraumer Zeit unter Druck. Anteilseigner sind mit der Aktienkursentwicklung, der angespannten Kapitaldecke und der geringen Rentabilität des Instituts unzufrieden.
Zu den Kandidaten, die als Nachfolger im Gespräch sind, gehören Jean-Pierre Mustier, ein früherer Manager bei der französischen Großbank Societe Generale und bei UniCredit, sowie der Chef des Investmentbankings bei der Schweizer UBS, Andrea Orcel, Mediobanca -Chef Alberto Nagel und der Italien-Chef vom US-Institut Merrill Lynch, Marco Morelli.
Die Entscheidung dürfte auch davon abhängen, ob der Verwaltungsrat eine Fusion mit einer anderen Bank als Option ins Auge fasst. Für diese Aufgabe wären Orcel oder Nagel prädestiniert.
Alternativen wären ein Rückbau des mittlerweile in 17 Länder verzweigten UniCredit-Netzes oder eine Kapitalerhöhung.
Italiens einzige global bedeutsame Bank hat die Sorgen nicht ausräumen können, dass sie eine Kapitalerhöhung benötigt. Ihr Kernkapital ist Ende März auf 10,5 Prozent gefallen und liegt damit nur knapp über dem von der Europäischen Zentralbank für 2016 vorgegebenen Minimum von 10 Prozent. Nach Einschätzung von Analysten könnte UniCredit zwischen 5 und 10 Milliarden Euro frisches Kapital benötigen.
Ghizzoni gilt als Mann der leisen Töne. Deshalb war es überraschend, als er vor sechs Jahren - damals noch Vizechef der Wiener Bank Austria - auf den schillernden Alessandro Profumo folgte, der den Großkonzern erst geschmiedet hatte, zunächst aus einigen italienischen Sparkassen, dann durch den Kauf großer Institute im Ausland wie der Bank Austria und der deutschen HypoVereinsbank. Für Ghizzoni, der bis dahin das Osteuropa-Geschäft verantwortet hatte, sprach nicht so sehr das Charisma, wie die "SZ" resümierte, aber er galt als begnadeter Strippenzieher, außerdem genoss er das Vertrauen der italienischen Sparkassen, die bei UniCredit das Sagen haben. Laut "Handelsblatt"(Mittwoch) soll das Vertrauensverhältnis zwischen Ghizzoni und dem Verwaltungsrat zuletzt aber endgültig zerstört worden sein, als eine Rettungsaktion für die Banca Popolare di Vicenza, für die UniCredit eine Kapitalerhöhung garantieren sollte, vor einem Monat für Unruhe sorgte. Italienische Medien spekulierten über eine Abfindung für Ghizzoni, die werde aber nicht so hoch ausfallen wie die seines Vorgängers Alessandro Profumo. Der bekam seinerzeit 40 Millionen Euro.
(Schluss) rf
ISIN IT0004781412 WEB https://www.unicreditgroup.eu http://www.bankaustria.at
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