09.04.2014 07:35:32

Gazprom wirbt trotz Ukraine-Konflikt für neue Pipeline

   Von Selina Williams und Vanessa Mock

   Der russische Gasriese Gazprom wirbt in Brüssel trotz Krim-Krise unverdrossen für sein eigenes Pipeline-Projekt. Während die Europäische Union angesichts des Ukraine-Konflikts wegen möglicher Engpässe bei der Erdgasversorgung Gespräche abhielt, machten auch die Gazprom-Vertreter Druck.

   Der staatliche Gaskonzern will eine 16 Milliarden Euro teure Pipeline bauen, um Gas von Russland durch das Schwarze Meer nach Italien zu transportieren. Die Route führt an der Ukraine vorbei, durch die etwa die Hälfte des für Europa bestimmten russischen Gases geleitet wird.

   Im Rahmen der Krim-Annexion durch Russland ist diese Pipeline mit dem Namen South Stream jedoch zu einem weiteren Streitpunkt zwischen Ost und West geworden. Eine Handvoll großer europäischer Firmen, die im Offshore-Teil des Projekts mit Gazprom zusammenarbeiten, wandeln dabei auf einem schmalen Grat zwischen den beiden Seiten.

   Die Gespräche, die am Dienstag unter Leitung von EU-Energiekommissar Günther Oettinger abgehalten wurden, konzentrierten sich auf die wachsenden Bedenken in Brüssel über eine potenzielle Störung der Gastransporte in die Ukraine selbst. Anwesend waren auch der ukrainische Energieminister Yuri Prodan und Branchenvertreter, wie ein Vertreter der EU-Kommission mitteilte.

   Unterdessen hängt das Schicksal von South Stream in der Luft. Oettinger hat Gespräche auf hoher politischer Ebene zwischen der EU und Russland, in denen es um die finale Genehmigung von South Stream gehen sollte, letzten Monat eingefroren.

   Bei den Gesprächen zwischen Gazprom und EU-Beamten am Dienstag ging es rein um technische Themen. Vertreter der Gazprom-Partner - Italiens Eni, Wintershall aus Deutschland und Electricite de France - waren nicht anwesend.

   Eni-Chef Paolo Scaroni, dessen Unternehmen zu 20 Prozent an dem Projekt beteiligt ist, sagte vor einem italienischen Parlamentsausschuss vergangenen Monat, die Zukunft von South Stream sei "einigermaßen düster".

   Die BASF-Tochter Wintershall kritisierte im März Oettingers Entscheidung, die Gespräche zu stoppen. Die Verhandlungen sollten beschleunigt und nicht verzögert werden, forderte Wintershall-Chef Rainer Seele damals. ENI und Wintershall wollten die Angelegenheiten am Dienstag nicht weiter kommentieren. Auch Vertreter von EDF wollten keinen Kommentar abgeben.

   Trotz der Unsicherheiten macht Gazprom, mit 50 Prozent an dem Projekt beteiligt, Druck für den Bau der Pipeline. Der Konzern verlegt bereits Pipelines in Russland, Bulgarien und Serbien. Die Leitung könnte 2015 in Betrieb genommen werden.

   "Ohne den Bau von South Stream können wir Transitrisiken nicht vollständig vermeiden", sagte Gazprom-Generaldirektor Alexander Medwedew vor Investoren in London letzten Monat. "Deshalb sind wir so zuversichtlich, dass dieses Projekt 2015 gestartet werden kann." Darüber hinaus wollten Gazprom-Vertreter am Dienstag keinen Kommentar abgeben.

   Das Projekt würde Russlands Position als führender europäischer Gasversorger zementieren. Bereits jetzt liefert das Land 30 Prozent des in Europa benötigten Erdgases.

   Indem die Ukraine umgangen wird, könnte South Stream Europa besser vor solcher Art von Lieferengpässen schützen, die in vorherigen Disputen zwischen Kiew und Moskau immer wieder vorgekommen sind.

   Die Spannungen zwischen westlichen Hauptstädten und Moskau wegen der Krim haben aber auch die Rufe vieler Politiker lauter werden lassen, die Bemühungen zu verstärken, Europa von russischem Gas unabhängig zu machen.

   Die EU verfolgt derzeit noch ein weiteres Projekt, bei dem Offshore-Gas von Aserbaidschan via Türkei und Griechenland nach Italien transportiert wird. Aber diese Pipeline kann vor 2019 nicht in Betrieb genommen werden.

   Ohne South Stream könnte Europa Schwierigkeiten bekommen, genügend Erdgas zu bekommen, um den Bedarf zu decken, sagte Jonathan Stern vom Think Tank Oxford Institute of Energy Studies. Die ägyptischen Gasexporte ließen nach und das libysche Angebot sei unvorhersehbar, so der Experte. Algerien, Europas drittgrößter Lieferant hinter Russland und Norwegen, schicke mehr Gas nach Asien, so Stern.

   Große Importe des günstigen US-amerikanischen Schiefergases könnten wegen der fehlenden Infrastruktur und politischer Hürden unterdessen noch Jahre entfernt sein. "Die EU muss einige Entscheidungen treffen", so Stern. "Wenn sie russisches Gas nicht wollen, dann haben wir eine Menge sehr unterschiedlicher Probleme auf dem Tisch, für die wir keine Lösungen haben."

   Mitarbeit: Liam Moloney, Jan Hromadko und Géraldine Amiel.

   Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com

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