20.10.2014 16:50:31

Für Barroso wäre EU-Austritt Großbritanniens historischer Fehler

   Von Jenny Gross und Nicholas Winning

   LONDON--Aus Sicht von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso würde Großbritannien einen "historischen Fehler" begehen, sollte das Land sich zu einem Austritt aus der Europäischen Union (EU) entschließen. Angesichts der sich dort verstärkenden Debatte über die künftige Beziehung zur Union hob er den wirtschaftlichen, politischen und Sicherheitsnutzen sowie den stärkeren Einfluss auf globale Fragen hervor, den das Vereinigte Königreich durch die EU habe.

   In einer Rede in der Londoner Denkfabrik Chatham House fragte Barroso rhetorisch: "Kurz gesagt, könnte Großbritannien ohne die kleine Hilfe von seinen Freunden auskommen?"

   Die britische Debatte konzentriert sich derzeit auf die Immigration. So hat Premierminister David Cameron versprochen, die Einwanderung von EU-Bürgern zu begrenzen, die einen Großteil des Zuzugs aus dem Ausland ausmachen. Dazu hat er bereits Gesetzesänderungen auf den Weg gebracht, um die britische Insel weniger attraktiv für zuwanderungswillige EU-Ausländer zu machen. Dazu zählt unter anderem die Befristung von Leistungen an Arbeitssuchende. Weitere Maßnahmen hat er zu gegebener Zeit in Aussicht gestellt.

   Die Herausforderung für Cameron ist dabei die Offenheit der EU-Arbeitsmärkte. Will er hier etwas für Großbritannien ändern, muss er die EU-Verträge ändern, was die Unterstützung der anderen Staaten erfordert.

   Barroso ist sich, wie er betonte, bewusst, dass es in Großbritannien wie auch anderen Ländern Missbrauch beim freien Personenverkehr gebe. Die EU sei zwar bereit, auf berechtigte Bedenken einzugehen. Mögliche Änderungen bei den Rahmenbedingungen würden jedoch nicht zu Lasten der Grundwerte einer freien Arbeitsplatzwahl für EU-Bürger gehen.

   Cameron wie auch die Vorsitzenden der beiden anderen großen Parteien sehen das Königreich besser innerhalb als außerhalb der EU aufgehoben, insbesondere wegen der wirtschaftlichen Vorteile. Diese Sichtweise wird von vielen Großunternehmen unterstützt. So betonte der größte Wirtschaftsverband, die Confederation of British Industry (CBI), in einer Reaktion auf die Barroso-Rede, dass die offenen Arbeitsmärkte innerhalb der EU ein sensibles Thema seien. Es sei aber klar, dass sie ein entscheidendes Element des gemeinsamen Marktes seien. Sie förderten Investitionen in Großbritannien, schüfen zusätzliche Arbeitsplätze und eröffneten den Unternehmen viele Chancen im Außenhandel.

   Auf Druck des rechten Flügels seiner konservativen Partei hat Cameron Neuverhandlungen über die britischen Beziehungen zur EU und - für den Fall eines Wahlsiegs im kommenden Mai - ein Referendum über den Verbleib in der EU bis 2017 angekündigt.

   Neben den Europa-Skeptikern in der eigenen Partei muss er sich auch mit der aufstrebenden Unabhängigkeitspartei UKIP auseinandersetzen. Zwar ist die UKIP, die einen EU-Austritt Großbritanniens fordert, derzeit noch klein und verfügt nur über einen Sitz im Unterhaus. Doch der Kampf um konservative Wähler könnte dazu führen, dass Cameron im Parlament am Ende keine Mehrheit für eine weitere Amtszeit erhält.

   Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com

   DJG/DJN/smh/jhe

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   October 20, 2014 10:50 ET (14:50 GMT)

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