12.06.2018 12:33:00

Freie Berufe: Einzelkämpfer werden es in Zukunft schwer haben

Die Bundeskonferenz der Freien Berufe (BUKO) warnt vor der Öffnung der Freien Berufe für Mehrheitsbeteiligungen durch Kapitalgesellschaften, wie sie von der EU-Kommission gefordert wird. Es würde zu einer Monopolisierung und Nachteilen auch für die Konsumenten kommen, warnt BUKO-Präsident Kurt Frühwirth. "Monopolisierung führt nicht zwangsläufig zu einer Vereinfachung und Verbilligung."

Anlässlich der am 1. Juli beginnenden österreichischen EU-Ratspräsidentschaft appelliert Frühwirth an die Regierung, gegen den Druck der EU-Kommission in dieser Frage aufzutreten. Ein Arzt oder Apotheker wolle seinen Patienten "das bestgeeignete Medikament raten und nicht das, wo zufällig der bei mir Beteiligte auch Anteile am Pharmakonzern hat", sagte Rudolf Kolbe, Vizepräsident der Bundeskammer der ZiviltechnikerInnen und Präsident des Europäischen Rates der Freien Berufe CEPLIS, am Dienstag bei einem Pressegespräch.

In manchen Ländern seien durch die Öffnung für Beteiligungen durch berufsfremde Kapitalgesellschaften die Honorare für Tierärzte um bist zu 40 Prozent gestiegen, sagte Frühwirth, der auch Präsident der österreichischen Tierärztekammer ist. "In England kann man sich fast nicht leisten ein Tier zu besitzen ohne gleichzeitig eine Tierversicherung zu haben." Sollten solche Tierarzt-Ketten auch in Österreich gang und gäbe werden, "dann werden sich viele Tierbesitzer den Tierarzt nicht mehr leisten können", warnt Frühwirth.

Vor allem in Skandinavien und Holland gebe es bei technischen Berufen keine Beteiligungsverbote mehr, was dazu geführt habe, dass es in Holland fast keine Kleinbetriebe mehr gebe, die Ingenieurleistungen anbieten. In Deutschland habe sich die Kaffeeröster-Dynastie Jacobs bei verschiedenen Zahnarzt-Ordinationen eingekauft, nannte Frühwirth weiter Beispiele.

Frühwirth geht davon aus, dass der EuGH in einem bis zwei Jahren über die laufende Klage der EU-Kommission wegen Verstoßes gegen die Dienstleistungsrichtlinie entscheiden wird - wenn es nicht vorher zu einer Einigung kommt. Man hoffe jedenfalls, dass sich die österreichische Seite mit ihrer Argumentation durchsetzen werde.

"Die junge Generation ist sich dessen bewusst, dass die einzige Lösung zum Schutz gegen die Konzerne nur die Vergesellschaftung untereinander ist", sagte Frühwirth. "Einzelkämpfer werden es in Zukunft schwer haben." Bei einer im April und Mai durchgeführten Umfrage hätten 80 Prozent der Befragten erklärt, sich gemeinsam mit Berufskollegen selbstständig machen zu wollen, sagte Studienautorin Kristin Allwinger vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut Akonsult. Als größte Herausforderung der Selbstständigkeit würden zwei Drittel der Befragten allerdings die Einhaltung der Bürokratie und Vorschriften sehen.

Die Bundeskonferenz der Freien Berufe Österreichs (BUKO) ist der Dachverband der neun Freiberufskammern in Österreich. Die BUKO vertritt 80.000 Mitglieder mit 170.000 Angestellten. Zu den Freien Berufen zählen in Österreich die medizinischen Berufe Ärzte, Apotheker, Zahnärzte und Tierärzte, die juristischen Berufe Notare, Rechtsanwälte, Patentanwälte sowie die Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sowie Ziviltechniker.

(Schluss) ivn/itz

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