27.08.2013 18:01:00

Forum Alpbach - Mitterlehner für "einfache" Finanzmarktregulierung

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) hat sich am Dienstagnachmittag beim Forum Alpbach für "einfache Spielregeln" für die Finanzwirtschaft ausgesprochen. Zuvor hatte der Geschäftsführer von Finance Watch in Brüssel, Thierry Philipponnat, die Basel-III-Kapitalvorgaben für die Banken als zu kompliziert kritisiert und einfachere Rahmenbedingungen eingefordert.

Finanzstaatssekretär Andreas Schieder (SPÖ) fügte hinzu, dass sich die Gesetzesänderung im Finanzmarktbereich in Europa "unendlich ziehen" im Vergleich zu den USA, weil die innenpolitischen Diskussionen in den Mitgliedsstaaten den Gesetzesprozess weiter verzögerten. "Europa tut sich unendlich schwer, zu Lösungen zu kommen", kritisierte Schieder.

Uneinigkeit gab es am Podium, wer nun für die globale Wirtschaftskrise und die steigende Verschuldung der Staaten verantwortlich sei. Mitterlehner verwies auf die Politik des "billigen Geldes" der US-Notenbank unter Fed-Chef Alan Greenspan und den daraus resultierenden Immobilienboom in den USA, Schieder ortete hingegen die Lehman-Pleite als Krisenursache.

Den Anstieg der Staatsverschuldung Österreichs verteidigte Schieder als Resultat der notwendigen Konjunkturpakete und des Bankenhilfspakets. Mitterlehner zitierte den Ökonomen John Maynard Keynes, nachdem die Schulden nach einer Krise wieder zurückgezahlt werden sollten und die Finanzkrise auch eine Strukturkrise - etwa im Automobilsektor - gewesen sei.

Laut der Brüsseler NGO Finance Watch hat die Bedeutung des europäischen Finanzsektors in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Zwischen 2001 und 2011 seien die Bilanzen der europäischen Banken um 80 Prozent gewachsen und das EU-BIP nur um 30 Prozent gestiegen. Derzeit würden die Bankbilanzen rund 350 Prozent des Bruttoinlandprodukts der Europäischen Union ausmachen, so Philipponnat. Nur 28 Prozent der Bankbilanz würden in Kredite in die Realwirtschaft ausmachen, der Rest werde nur kurzfristig investiert.

Spekulation habe es immer gegeben, nur sei diese in der Vergangenheit "tonangebend" geworden, so das Fazit der NGO. Um die "Wettkultur" einzudämmen, sollten die Banken nicht mehr durch ein staatliches "Sicherheitsnetz" subventioniert werden. Weiters müssten die Eigentümer der Banken letztlich für die Verluste geradestehen und nicht die Steuerzahler, und insgesamt dürften Banken nicht zu komplex oder zu groß werden.

Der NGO-Mann ortet bei Banker keine spezielle "Kultur der Gier". Banker sind für Philipponnat nicht gieriger als andere Berufsgruppen. Die Politik könne nicht die Menschen verändern, sondern nur die Struktur, die ein solches Verhalten begünstige.

Auch die Finanzconsulterin Sandra Navidi von Beyond Global plädierte dafür, den Finanzsektor "sicherer zu machen und die Fragilität des Finanzsystems zu reduzieren". Die Finanzmarktregulierung müsse man verbessern, nicht vergrößern. Auch wenn sich Banken gegen höhere Eigenkapitalerfordernisse mit dem Verweis auf die damit verbundenen Kosten wehren würden, würde dies aber die Banken wieder attraktiver für Investoren machen.

Bei der Finanzmarktregulierung sei insgesamt "viel in der Pipeline", aber es werde ärgerlich langsam umgesetzt, so Navidi. Die Politik hätte die Macht, der Druck müsse aber von der Gesellschaft kommen. Auch sie verteidigte den Banksektor. Es gebe "gute und schlechte Banker". Insgesamt müsse das System verbessert werden.

IV-Präsident Georg Kapsch betonte in der öffentlichen Diskussionsrunde die zentrale Bedeutung der Hedgefonds und der "Schattenbanken". Diese seien die "reale Plage" für die Finanzwirtschaft.

(Schluss) cri/ggr/kre

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