19.10.2016 12:59:00

Firmenpensionen sollten in Kollektivverträgen verankert werden

Betriebspensionen sollten zur Stärkung der Altersvorsorge vermehrt in Kollektivverträgen verankert werden, forderten am Mittwoch in- und ausländische Experten bei einer Vorsorgetagung. In Österreich sollte "die Politik außer Streit stellen, dass wir das brauchen, nur dann werden sich die Sozialpartner von ihrem ideologischen Mäntelchen befreien", sagte Pensionskassen-Obmann Andreas Zakostelsky.

Grundsätzlich sollten dabei alle Mitarbeiter einbezogen sein, für einzelne sollte es aber auf deren eigene Verantwortung eine Opt-Out-Möglichkeit geben, so Zakostelsky in einer Pressekonferenz in Wien. Für diese "zweite Säule" der Altersvorsorge - neben der staatlichen ersten und der rein privaten dritten - sehe er die Unternehmen in einer sozialen Verantwortung, hier zugunsten der Beschäftigten stärker hineinzugehen.

Binnen fünf Jahren sollte so jeder zweite heimische Arbeitnehmer über eine Pensionskassen-Vorsorgelösung verfügen, hatte der Fachverbandsobmann schon im August gefordert. Bis dahin solle der Anteil der Firmenpensions-Berechtigten in der "zweiten Säule" von jetzt 23 auf bis zu 50 Prozent klettern. Nach damaligen Angaben haben in Österreich erst 69 von 859 Kollektivverträgen entsprechende Regelungen.

Zur besseren Ausnutzung der heute mit 10 Prozent der Lohn- und Gehaltssumme limitierten steuerlichen Absetzbarkeit der Arbeitgeber-Beiträge in eine Pensionskasse sollte den nicht durch Dienstgeber ausgeschöpften Teil die Dienstnehmer in Anspruch nehmen können, forderte Zakostelsky am Mittwoch. Denn derzeit würden meist nur 3 bis 5 Prozent ausgenutzt. Fidelity-Österreich- und -Osteuropa-Chef Adam Lessing bezeichnete die von den Pensionskassen bisher angesammelten 20 Mrd. Euro Veranlagungsvolumen im europäischen und weltweiten Vergleich "lächerlich gemessen am Bruttoinlandsprodukt": "Die österreichischen Unternehmen haben sich aus der Altersvorsorgeverantwortung für ihre Mitarbeiter herausgestohlen."

Die gleiche Beobachtung berichtet - für Deutschland - der Chef der dortigen Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersvorsorge (aba), Heribert Karch, mit Verweis auf eine vom deutschen Finanzministerium in Auftrag gegebene 400-seitige Analyse. "Die Arbeitgeber haben zu wenig Motivation, etwas zu tun, die Arbeitnehmer zu wenig Geld und beide zusammen zu wenig Ahnung davon", so Karch vor Journalisten. In Deutschland solle nun bei der nächsten Reform den Arbeitgebern ein "Ball" hingelegt werden: In Diskussion sei eine Förderung für Arbeitgeber zugunsten einer Arbeitnehmer-Altersvorsorge im Ausmaß von 1.800 bis 2.500 Euro jährlich für Niedrigeinkommensbezieher; wahrscheinlich würden um die 2.000 Euro herauskommen.

Wer weniger verdient, sollte selbst weniger für eine Altersvorsorge der "zweiten Säule" einzahlen müssen, aber - quasi als einen Hebel - entsprechend mehr Förderung erhalten, forderte Zakostelsky analog dem Wunsch ausländischer Firmenpensions-Experten. So sind etwa in Norwegen Niedrigverdiener in einer begünstigten Form ins System integriert, berichtete Bjorn Hamre, Vorstand vom Norwegischen Pensionsfonds KLP.

Die aktuelle Nullzinsphase sollte nicht als Ausrede herhalten, um kapitalgedeckte Vorsorge schlechtzureden, meinte Fidelity-Experte Lessing. Phasen negativer Realzinsen seien historisch gesehen weder neu noch permanent. Erstens korrigiere sich das früher oder später, zweitens seien aber auch in Nullzinsphasen positive Anlageergebnisse zu erzielen. Dazu werde stärker in Infrastruktur, Loans, Immobilien und spezielle Veranlagungen investiert - nötig seien dafür aber auch "flexiblere Ansätze", nicht die Anwendung der Regeln aus den 1990er Jahren, so Lessing in Richtung Finanzaufsicht FMA. Wichtig sei wegen der jahrzehntelangen Vorsorge-Zeithorizonte, regelmäßig investiert zu sein: "Time in the market beats time off the market."

Pensionskassen-Fachverbands-Obmann Zakostelsky verwies ebenfalls darauf, dass sich auch bei niedrigen Zinsen ansehnliche Renditen erwirtschaften ließen. Seit Gründung vor rund einem Vierteljahrhundert hätten es die Kassen im Schnitt auf 5,58 Prozent Performance pro Jahr gebracht, in den letzten drei Jahren auf 5,07 Prozent p.a. und heuer in den ersten neun Monaten immerhin auf 3,3 Prozent.

(Schluss) sp/ggr

Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!