09.05.2016 17:05:49

Experten sehen Schäubles geplante Cum/Cum-Regelung kritisch

   Von Andreas Kißler

   BERLIN (Dow Jones)--Die Pläne von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zur Bekämpfung von Banken-Steuertricks durch so genannte "Cum/Cum-Geschäfte" sind bei Experten auf Kritik gestoßen.

   Der Wiesbadener Hochschulprofessor Lorenz Jarass bezeichnete Schäubles Vorschlag, nach dem die Anleger Papiere für eine Steueranrechnung mindestens 45 Tage um den Dividendenstichtag herum halten sollen, als nicht weitgehend genug. "Erforderlich ist die Festlegung eines deutlich längeren Mindesthaltezeitraums", erklärte er in seiner Stellungnahme bei einer Anhörung im Bundestags-Finanzausschuss.

   Für die Wiener Professorin Sabine Kirchmayr-Schliesselberger bestand laut dem Pressedienst des Parlaments eines der großen Probleme in der unterschiedlichen Besteuerung von Dividenden und Veräußerungsgewinnen. Bela Jansen von der WTS Group sah eine "überschießende Regelung", die auch Absicherungsgeschäfte erfassen werde. Diese Ansicht vertrat nach den Angaben auch der Fondsverband BVI, der es als fraglich bezeichnete, "weshalb wirtschaftlich sinnvolle Absicherungen in Zeiten hoher Volatilität an den Aktienmärkten zu steuerlichen Nachteilen führen sollen, die auch Kleinsparer und die Altersvorsorge belasten".

   Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft bezeichneten die 45-Tage-Regelung im Ergebnis als "Strafsteuer für Aktionäre". Der Steuerberater und Rechtsanwalt Joachim Moritz wies laut den Angaben des Bundestags darauf hin, dass es belastbare wirtschaftliche Gründe geben könne, die einen nur kurzfristigen Besitz von Aktien rechtfertigen könnten.

Änderung soll rückwirkend ab 2016 gelten Die Auslandsbanken meldeten gleichfalls Bedenken gegen die geplante Vorschrift zur Verhinderung von Cum/Cum-Geschäften an. Auch mit der Neuregelung könne "nicht vollständig ausgeschlossen werden, dass steuerliche Gestaltungen vorgenommen werden". Es gebe auch "nachhaltige Bedenken hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes".

   Deutsche Banken haben den Fiskus Medienberichten zufolge mit Steuertricks im Auftrag ausländischer Investoren seit 2011 um mehr als 1 Milliarde Euro pro Jahr gebracht. Besonders aktiv sei dabei die Commerzbank gewesen, die zu 15 Prozent in staatlichem Besitz ist, berichteten der Bayerische Rundfunk (BR) und das Handelsblatt vergangene Woche.

   Die Banken nutzten demnach in den vergangenen Jahren umfangreiche Gestaltungen zur Umgehung der Dividendenbesteuerung - die so genannten "Cum/Cum-Geschäfte". Dabei verleihen ausländische Aktionäre ihre deutschen Anteilscheine kurz vor dem Dividendenstichtag an hiesige Banken und sichern sich so eine höhere Steuergutschrift.

   Damit solche Umgehungen nicht mehr möglich sind, soll eine entsprechende Gesetzesänderung nach dem Willen Schäubles rückwirkend zum Jahresanfang 2016 gelten. Der Bundestag hat darüber bereits in erster Lesung beraten.

   Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

   DJG/ank/smh

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   May 09, 2016 10:55 ET (14:55 GMT)

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