31.10.2014 16:15:00

Experten: Österreich-Rückschlag am Arbeitsmarkt durch hohes Angebot

Österreich hat seinen Spitzenplatz mit der niedrigsten Arbeitslosenrate in der EU mit den Septemberdaten verloren. Deutschland hat mit 5 Prozent Arbeitslosenquote Österreich (5,1 Prozent) nach langer Zeit vom Stockerlplatz verdrängt. Grund dafür sei etwa das verhältnismäßig höhere Angebot an Arbeitskräften in Österreich, waren sich zwei Experten am Freitag auf APA-Anfrage einig.

Das hohe Angebot an Arbeitskräften resultiere einerseits aus dem Zustrom aus dem Ausland, so Thomas Horvath, Experte des Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo). In Österreich gebe es zum Beispiel mit Ungarn ein grenznahes Gebiet mit einem vergleichbar schlechten Arbeitsmarkt. Andererseits gebe es mehr Menschen auf dem heimischen Arbeitsmarkt wegen Veränderungen beim Pensionszugangsrecht, mit Jahresanfang wurde der Gang in die Frühpension erschwert.

Als weiteren Grund für das Zurückfallen im EU-Arbeitslosenranking nannte Horvath die konjunkturelle Lage, die sich in Deutschland in den letzten Quartalen etwas besser entwickelt habe als in Österreich.

Für Ulrich Schuh, Leiter des Forschungsinstituts EcoAustria, liefert die Konjunkturlage keine Erklärung, da diese in beiden Ländern gleich sei. Der kontinuierliche Anstieg der Arbeitslosenrate in Österreich sei darauf zurückzuführen, dass es in Österreich ein strukturelles Problem bei den weniger Qualifizierten gebe. Bei den Personen mit maximal Pflichtschulabschluss - 700.000 Menschen in Österreich - gebe es mittlerweile eine Arbeitslosenquote von über 20 Prozent.

"Deutschland macht die bessere Politik, um Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Die aktuellen Arbeitslosenzahlen untermauern, dass wir dieses Problem nicht im Griff haben, und damit fallen wir schrittweise zurück", so Schuh. Den Zustrom von Arbeitskräften aus dem Ausland habe Deutschland auch.

Die Tendenz, dass Deutschland Österreich bei den Arbeitslosenzahlen davoneilt, werde sich laut Schuh mit Sicherheit weiter fortsetzen.

Die aktuellen Arbeitslosenzahlen seien ein "gewisser Weckruf an die Politik, um eine Trendwende einzuleiten", sagte Schuh. Das Problem werde sich nicht von selbst lösen: Selbst wenn das Wachstum anspringe, "werden wir das strukturelles Problem weiterhin haben".

Es brauche gezielte Maßnahmen für weniger qualifizierte Arbeitskräfte. Es müsse mehr zu Schaffung von Ausbildungsplätzen getan werden - sei es durch Unterstützung von Unternehmen oder dass der Staat selbst im öffentlichen Bereich Arbeitsplätze anbietet. Diese Angebote müssten mit entsprechenden Anforderungen an die Arbeitssuchenden verbunden werden, damit diese die geschaffenen Plätze auch annehmen.

Martin Gleitsmann, Leiter der WKÖ-Abteilung Gesundheits- und Sozialpolitik, schlug am Freitag in einer Aussendung in die selbe Kerbe wie EcoAustria-Leiter Schuh und nannte als Hauptgrund, dass Österreich bei wichtigen Reformen hinter dem Nachbarland zurückliege: "Bei unseren deutschen Nachbarn wurden mutig Arbeitsmarktreformen durchgezogen, die nun greifen, Stichwort Hartz IV. Außerdem sind die Lohnnebenkosten in Deutschland spürbar niedriger als bei uns. Gleichzeitig gelang es der Politik in Deutschland, den Beitragssatz in der Arbeitslosenversicherung in den letzten 10 Jahren von 6,5 Prozent auf derzeit 3 Prozent zu senken."

(Schluss) sab/sp

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