30.12.2014 15:35:32
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Deutsche Bundeswehr sammelte laut Ex-General Daten zu gezielten Tötungen
BERLIN (AFP) -- Die deutsche Bundeswehr hat in Afghanistan nach Angaben des früheren deutschen Nato-Generals Egon Ramms Daten zur gezielten Tötung von Taliban-Kämpfern gesammelt. Ramms antwortete am Dienstag im Deutschlandradio Kultur auf eine entsprechende Frage mit: "Selbstverständlich." Die "Bild"-Zeitung hatte zuvor unter Berufung auf geheime Bundeswehrdokumente berichtet, Soldaten im deutschen Hauptquartier Masar-i-Scharif hätten den Auftrag gehabt, "Informationen für die Nominierung möglicher Personenziele zu sammeln".
Ramms sagte, Deutschland habe sich ab Anfang 2010 in Afghanistan in einem kriegsähnlichen Zustand befunden. Die Öffentlichkeit sei keineswegs über Art und Ausmaß des Einsatzes getäuscht worden. Manche hätten aber lange die Augen vor dessen Zweck verschlossen, sagte Ramms, der bis September 2010 als Befehlshaber des Nato-Hauptquartiers im niederländischen Brunssum für den Afghanistan-Einsatz verantwortlich war.
Die "Bild"-Zeitung berichtete am Dienstag, der deutsche Generalmajor Markus Kneip habe 2011 als Kommandeur in Afghanistan persönlich "Personenziele" ausgewählt. Organigramme in geheimen Bundeswehrdokumenten zeigten, dass es in Masar-i-Scharif eine sogenannte Target Support Cell gab, deren Auftrag es war, "Informationen für die Nominierung möglicher Personenziele zu sammeln".
Dem "Bild"-Bericht zufolge sollten die Soldaten "Ziel-Ordner" erstellen, die Kneip zur Genehmigung vorgelegt werden sollten. Bei einer Besprechung im Mai 2011 habe der Generalmajor gefordert, es als "Priorität" zu behandeln, einen Aufständischen namens Kari Hafis "festzunehmen oder zu neutralisieren", berichtete die Zeitung aus einem Sitzungsprotokoll.
Ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums sagte am Dienstag, die Aufklärungsergebnisse deutscher Kräfte hätten in der Isaf ebenso wie die Informationen anderer Nationen "zur Auswahl potenzieller militärischer Ziele und zu deren Identifizierung" beigetragen. Von deutscher Seite sei aber ausschließlich die Handlungsempfehlung gegeben worden, die Betreffenden festzusetzen. Der Begriff "neutralisieren" werde in der Nato in dem Sinne benutzt, jemanden temporär außer Gefecht zu setzen, fügte der Sprecher hinzu.
Laut "Bild" genehmigte der Bundesnachrichtendienst (BND), dass von ihm gesammelte Informationen im Fall eines drohenden Angriffs zur gezielten Tötung von "Personenzielen" eingesetzt werden können. "Eine Verwendung zum Zwecke des Einsatzes tödlicher Gewalt ist nur dann zulässig, solange und soweit ein gegenwärtiger Angriff vorliegt oder unmittelbar droht", zitierte die Zeitung aus einem geheimen BND-Bericht von August 2011 zum Taliban-Führer Kari Jusuf. Demnach übermittelte der BND auch Telefonnummern, die zur Ortung von Jusuf eingesetzt werden konnten.
Die Opposition im Bundestag forderte rasche Aufklärung, ob und wie sich die Bundeswehr und der BND an gezielten Tötungen beteiligt haben. Die Bundesregierung müsse dem Bundestag sofort die entsprechenden Unterlagen zur Verfügung stellen, forderte die Grünen-Verteidigungspolitikerin Agnieszka Brugger. Die Abgeordneten müssten sich ein Bild machen können, "ob sie in den vergangenen Jahren auf Basis völlig falscher Informationen über das Isaf-Mandat abgestimmt haben".
Der Linken-Verteidigungspolitiker Jan van Aken erklärte: "Die gezielte Tötung von Verdächtigen, ohne Gerichtsverfahren und Urteil, ist Mord." Eine deutsche Beteiligung "an der illegalen Tötungspraxis der Nato in Afghanistan" sei weder vom Bundestagsmandat gedeckt noch mit rechtsstaatlichen Grundsätzen vereinbar.
DJG/hab
(END) Dow Jones Newswires
December 30, 2014 09:32 ET (14:32 GMT)- - 09 32 AM EST 12-30-14
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