22.06.2015 08:00:46
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Eurozone strebt nach größerem fiskalischen Zusammenhalt
Von Matthew Dalton
BRÜSSEL (Dow Jones)-- Die Verantwortlichen der Eurozone haben ein Konzept vorlegt, um die großen Fehler in der Ausgestaltung der Währungsunion zu korrigieren. Das aber dürfte vielen Mitgliedsstaaten nicht schmecken, denn sie müssten zum wirtschaftlichen Wohl der gesamten Eurozone einen größeren Teil ihrer nationalen Souveränität aufgeben.
Nach den am Sonntag veröffentlichten Plänen könnte es möglicherweise zehn Jahre dauern, bis die ehrgeizigen Maßnahmen wie etwa ein gemeinsamer Haushalt der Eurozone umgesetzt wären. In dem Zeitplan spiegeln sich die politischen Hindernisse, die jetzt im Wege stehen, damit die 19 verschiedenen Nationen der Währungsunion enger zusammenrücken.
Trotz dieser Hürden halten hochrangige europäische Vertreter fundamentale Änderungen in der Eurozone für notwendig, um eine Wiederholung der Schuldenkrise zu vermeiden. Die war zum großen Teil dadurch ausgelöst worden, dass Löhne und Preise in den südlichen Ländern der Eurozone viel schneller gestiegen sind als im Norden, vor allem in Deutschland.
Wie sich gezeigt hat, war die Eurozone nicht in der Lage, diesen Verlust der Wettbewerbsfähigkeit im Süden umzukehren, weshalb diese Länder sich dann mit Arbeitslosenquoten von in einigen Fällen mehr als 20 Prozent und geringen Aussichten auf eine baldige nennenswerte Erholung herumschlagen mussten.
Das Konzept wurde von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in Zusammenarbeit mit der Europäischen Zentralbank, dem Europäischen Rat und dem Europäischen Parlament verfasst, sowie der Eurogruppe, die die Finanzminister der Eurozone repräsentiert. Es vertritt den Standpunkt, dass die Währungsunion ohne mehr politischen Zusammenhalt, der hinter der Wirtschaftspolitik der Union steht, anfällig für Wirtschaftskrisen bleibt.
"Die Vermeidung nicht nachhaltiger Politik und das Absorbieren von Schocks, sowohl einzeln als auch gemeinsam, hat vor oder während der Krise nicht gut funktioniert", heißt es in dem Konzept. "Auch wenn seitdem mehrere institutionelle Verbesserungen vorgenommen wurden, besteht das Vermächtnis der anfänglichen Defizite fort."
Kurzfristig sieht das Konzept vor, die bestehende Machtinstrumente der Eurozone zu nutzen, um Länder für nicht nachhaltige makroökonomische Politik aggressiver zu bestrafen. Diese Machtinstrumente werden kaum eingesetzt, weil Regierungen nur indirekt Kontrolle über makroökonomische Ergebnisse haben.
Zudem wird die Einrichtung einer "Behörde für Wettbewerbsfähigkeit" in jedem Land vorgeschlagen, die beurteilen soll, ob Löhne und Gehälter im Einklang mit der Produktivität der Arbeitnehmer steigen. Ab 2018 sollte die Eurozone demnach einen gemeinsamen Haushalt einrichten, der dabei helfen soll, Schocks zu absorbieren, die den Währungsblock erschüttern.
Vorbild sind die Vereinigten Staaten: Als die globale Finanzkrise die USA traf, zahlte die US-Regierung Bürgern im ganzen Land weiter Sozialhilfe und Arbeitslosengeld und finanzierte weiterhin die staatliche Krankenversicherungen Medicaid und Medicare. Das half US-Staaten wie Nevada und Florida, die von der Krise besonders hart getroffen wurden.
Das EU-Konzept schlägt die Schaffung eines Finanzministeriums für die Eurozone vor, das kollektive Entscheidungen über die Haushaltbeschlüsse des Währungsblocks trifft. Diese könne mit Schocks besser umgehen, denen auf nationaler Ebene alleine nicht beizukommen sei.
Da die Zukunft Griechenlands in der Eurozone derzeit aber in Frage steht, haben solche Ideen wenig Chancen, im aktuellen politischen Umfeld genehmigt zu werden. Die Politiker im Währungsraum haben wenig Vertrauen in die Regierung in Athen.
Zudem herrschen in Deutschland Zweifel an der Bereitschaft von Ländern wie Italien oder Spanien zu "strukturellen Reformen" vor, auf denen Berlin aber besteht, ehe Deutschland sein Scheckbuch für andere Länder zückt.
Frühere Vorstöße von Verantwortlichen der Eurozone, die Währungsunion zu reformieren, haben kaum Zugkraft entfaltet. Die nationalen Regierungen waren froh, die Schuldenkrise überlebt zu haben, ohne dass die Eurozone auseinander gebrochen ist, während Politiker in Deutschland, den Niederlanden und Finnland wenig Lust hatten, ihre Anstrengungen für die Integration der Eurozone zu verdoppeln.
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June 22, 2015 01:58 ET (05:58 GMT)
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