10.04.2014 09:41:30

Europas Notenbanker wollen Verbriefungen aus Schmuddelecke holen

   Von Richard Barley

   Nie war die Macht der Zentralbanker größer, mit bloßen Proklamationen Geldpolitik zu machen. EZB-Präsident Mario Draghi stoppte die Eurozonen-Krise im Juli 2012 mit gerade einmal 23 Worten. Wenn Europa jetzt den Markt der verbrieften Kredite wiederbeleben will, dann wird es mehr als nur Worte brauchen. Die Regulierer kämpfen noch immer mit der letzten Krise.

   Unter den Spitzenbankern der Europäischen Zentralbank (EZB) gibt es den gezielten Versuch, die Verbriefung von Krediten aus der Schmuddelecke herauszuholen, um die Verfügbarkeit von Krediten zu erhöhen. EZB-Direktor Yves Mersch gehört zu den öffentlichen Unterstützern, bei der Bank of England haben sich Andy Haldane und Clara Furse dafür ausgesprochen. Auf der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds, die in dieser Woche stattfindet, wollen die beiden Notenbanken ein gemeinsames Positionspapier zu dem Thema vorlegen.

   Der Markt für Verbriefungen ist zwar nicht komplett verschwunden, verglichen mit früheren Jahren aber nur noch ein Schatten seiner selbst. Nach Daten der Lobbyorganisation Association for Financial Markets in Europe wurden im vergangenen Jahr handelbare Anleihen über insgesamt 76,4 Milliarden Euro öffentlich platziert, die mit Forderungen besichert sind. Das waren 10 Prozent weniger als 2012 und nur 16 Prozent des Volumens von 2006.

   Dabei wurden bei den Strukturen der Verbriefungen große Fortschritte gemacht. Heute gelten erhöhte Transparenzanforderungen - komplexe Strukturen, die den Finanzmarkt zuletzt in die Knie gezwungen haben, gehören der Vergangenheit an.

   Unter Regulierern besteht Konsens, dass sie sogenannte hochqualitative Verbriefungen unterstützen wollen. Als solche gelten Wertpapiere mit relativ simplen Strukturen und einer gut nachvollziehbaren Basis, die der Finanzierung von Investitionen in der Realwirtschaft dienen - Autokredite zum Beispiel. Riskantere Strukturen, wie sie hinter sogenannten Collateralized Debt Obligations (CDOs) CDOs, oder Commercial-Mortgage-backed Securities (CMBs) stecken, zählen nicht zu dieser Kategorie.

   Die Regulierung von Verbriefungen wirkt allerdings eher prohibitiv. Als Beispiel kann Solvency II gelten, die Regeln für Versicherer. Selbst mit gelockerten Kapitalanforderungen, wie sie die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) im Dezember für qualitativ hochwertige Strukturen vorgeschlagen hat, bleiben Verbriefungen im Nachteil.

   Für eine mit britischen Wohnungshypotheken besicherte RMBS-Anleihe mit Spitzenrating wird das 4,8-fache einer Triple-A-Unternehmensanleihe verlangt. Die Anforderungen sind sogar geringfügig höher als bei einem Junkbond mit BB-Rating.

   Versicherer werden daher auf jeden Fall ihr Geld eher in einer Unternehmensanleihe investieren als in Verbriefungen. Dabei sind Assekuranzen unverzichtbar, um die Basis der Investoren in dieser Anlageklasse über die Banken hinaus zu verbreitern.

   Es ist allerdings auch wahr, dass einige Verbriefungen fürchterliche Ergebnisse geliefert haben: Von Mitte 2007 bis Ende September 2013 sind nach AFME-Angaben 21,6 Prozent der amerikanischen RMBS notleidend geworden. Doch für europäische Wertpapiere dieser Art gilt das nicht: Hier lag die Ausfallquote bei 0,1 Prozent.

   Für die Verbriefung von Krediten an kleine und mittelständische Unternehmen - das ist der Bereich, den die Zentralbanker mit Kredit versorgen wollen, um einen Teil der Wirtschaft in Gang zu bringen, der außerhalb ihrer Reichweite liegt - liegt die Quote nach AFME-Angaben bei 0,4 Prozent. Angesichts der Schwere und des Ausmaßes der Eurozonen-Krise ist dies durchaus beeindruckend.

   Das Risiko besteht offensichtlich darin, dass die Aufseher ihre Regeln an Vergleichsdaten ausrichten, die die europäischen Erfahrungen nicht angemessen widerspiegeln. Auch deshalb hat EZB-Direktor Mersch einen krassen Vergleich bemüht: Man dürfe die Versicherungsprämie für eine Hochwasserversicherung in Madrid nicht auf Basis der Erfahrungen aus New Orleans festsetzen, sagte er.

   Vielleicht wären die aktuellen Vorschläge der Aufseher geeignet gewesen, die bisher letzte Finanzkrise zu verhindern. Doch die Regeln für die Zukunft müssen den Verbriefungen in ihrer aktuellen Form genügen und nicht den Sünden der Vergangenheit.

   (Diesen Bericht und weitere tiefergehende Meldungen und Analysen zu aktuellen Wirtschafts- und Finanzthemen finden Sie auf WSJ.de, dem deutschsprachigen Online-Angebot des Wall Street Journal.)

   Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com

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   April 10, 2014 03:30 ET (07:30 GMT)

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