20.09.2013 08:00:30

Europas Banken fordern mehr EZB-Kredite

   Von David Enrich

   Es dauert noch mehr als ein Jahr, bis ein wichtiges Programm zur Rettung der Banken in Europa ausläuft - und doch setzen sich die Geldinstitute schon für eine Wiederauflage ein. Das ist ein Anzeichen dafür, dass das europäische Finanzsystem noch auf wackligen Beinen steht.

   Seit Ende 2011 hat die Europäische Zentralbank (EZB) an hunderte Banken dreijährige Notfallkredite vergeben in Höhe von insgesamt rund einer Billion Euro. Das Programm, das als längerfristiges Refinanzierungsgeschäft oder LTRO bekannt ist, wurde entworfen, um kriselnden Banken zu helfen, die Probleme hatten, sich auf den üblichen Wegen Geld zu beschaffen.

   Die meisten Beobachter sind sich einig, dass das Programm - zumindest zeitweise - dazu beigetragen hat, die europäische Finanzkrise zu lindern.

   Die ersten günstigen EZB-Kredite laufen Anfang 2015 aus. Eine wachsende Zahl von Bankern, Investoren und auch einige Politiker sind besorgt, dass Banken - besonders in den finanziell angeschlagenen Ländern wie Spanien und Italien - dann Probleme haben werden, auf eigenen Beinen zu stehen.

   Mitglieder der EZB-Kontaktgruppe für den Geldmarkt, eine Gruppe von Bankern und Analysten, die die Zentralbank berät, warnte bei ihrem Treffen Anfang des Monats, dass das bevorstehende Auslaufen der Kredite als "Klippe" gesehen wird, die das Vertrauen des Marktes belastet, wie es in einer Zusammenfassung des Treffens, das auch EZB-Präsident Mario Draghi besucht hat, heißt.

   "Deshalb haben sich mehrere Mitglieder dafür ausgesprochen, dass die EZB Anfang nächsten Jahres, wenn die dreijährigen [Kredite] nur noch weniger als ein Jahr laufen, einen weiteren [langfristigen Kredit] auflegt", heißt es in der Zusammenfassung, die am Dienstag veröffentlicht wurde.

   Ein EZB-Sprecher wollte sich zu den Empfehlungen der Gruppe nicht äußern.

   Banker, Analysten und Investoren blicken vor allem auf die Gefahr, die ein plötzlicher Ausstieg aus den Krediten darstellt und versuchen abzuschätzen, wie wahrscheinlich es ist, dass eine weitere Runde der Kreditvergabe aufgelegt wird - und das schon seit Draghi das Programm Ende 2011 vorstellte.

   Weder die EZB noch Draghi haben sich bisher dazu geäußert, ob ein neues Programm aufgelegt wird.

   Dass die Zentralbank darüber Stillschweigen bewahrt, sorgt bei einigen Bankern - vor allem in den südeuropäischen Ländern - für Nervosität. Die Chefs mehrerer großer spanischer Banken sagen hinter vorgehaltener Hand, dass eine weitere Runde an EZB-Krediten nötig sei, um die Finanzierungsprobleme zu lösen. Die Probleme könnten nicht nur daraus resultieren, dass die aktuellen Kredite auslaufen, sondern auch aus der Wahrnehmung der Investoren, dass Banken Schwierigkeiten haben, sich selbst Kredite zu sichern, sagen Bankmanager.

   Die Botschaft ist auch bei der spanischen Zentralbank angekommen. Auch einige Vertreter der Banco de Espana sind der Meinung, dass eine weitere LTRO-Runde notwendig sein dürfte, sagen Insider.

   Im Januar 2013 durften die Banken damit anfangen, die über drei Jahre laufenden Kredite vorzeitig zurückzuzahlen. Bisher sind laut Daten der Zentralbank 334 Milliarden Euro bei der EZB eingelaufen - rund ein Drittel der ausstehenden Summe.

   Kleine und mittlere Banken in den europäischen Krisenstaaten seien immer noch sehr stark auf das EZB-Geld angewiesen, weil ihnen der Zugang zu herkömmlichen Finanzierungsmärkten versperrt bleibe, sagen Banker und Analysten.

   Das spiegelt sich auch im niedrigen Volumen von langlaufenden unbesicherten Anleihen, die von europäischen Banken begeben werden, wider. Solche Anleihen waren in der Vergangenheit eine der Hauptquellen für Banken, um sich relativ günstig Geld zu besorgen. In diesem Jahr haben Europas Banken bisher laut dem Datendienstleister Dealogic solche Bonds im Wert von 153 Milliarden Euro verkauft - das ist der niedrigste Wert für den bisherigen Jahreszeitraum seit 2002.

   (Diesen Bericht und weitere tiefergehende Meldungen und Analysen zu aktuellen Wirtschafts- und Finanzthemen finden Sie auf WSJ.de, dem deutschsprachigen Online-Angebot des Wall Street Journal.)

   Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com

   DJG/WSJ/apo

   (END) Dow Jones Newswires

   September 20, 2013 01:28 ET (05:28 GMT)

   Copyright (c) 2013 Dow Jones & Company, Inc.- - 01 28 AM EDT 09-20-13

Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!