14.11.2013 14:20:31
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Europa einigt sich auf Richtlinien für Versicherer
Von Isabel Gomez
Nach jahrelangem Ringen hat sich die Europäische Union in der Nacht zum Donnerstag auf neue Kapitalvorschriften für die Versicherungsbranche geeinigt. Das bestätigte ein Sprecher der Vorsitzenden des Wirtschaftsausschusses im EU-Parlament, Sharon Bowles. Damit das als "Solvency II" bekannte Regelwerk wie geplant im Januar 2016 in Kraft treten kann, fehlt jetzt noch die Zustimmung der Plenarsitzung des EU-Parlaments. Jedoch gehen Befürworter wie Kritiker davon aus, dass die Zustimmung reine Formsache sein dürfte.
Mit der Einigung geht ein mehr als zehn Jahre andauernder Streit zwischen Aufsehern und Industrie darüber zu Ende, wieviel Eigenkapital die Branche für ihre eingegangenen Risiken vorhalten muss, wie sie ihr Risikomanagement verbessern und strengere Berichtspflichten einhalten soll. Dabei war die Branche mit ihren Lobbybemühungen erfolgreich und konnte allzu strenge Kapitalanforderungen und zu strenge Auflagen beim Marktzugang in Schwellenländern abwenden.
Branchenvertreter zeigten sich dementsprechend erleichtert über den erreichten Kompromiss. "Wir begrüßen, dass es zu einer Einigung kam", heißt es etwa bei der Munich Re, einem der weltweit größten Rückversicherer. Der Kompromiss sei ein angemessener Ausgleich zwischen Verbrauchern, gewerblicher Wirtschaft und den Versicherern. Jörg von Fürstenwerth, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), bezeichnete die Einigung als "Meilenstein im politischen Prozess und eine gute Basis für den notwendigen Übergang zu Solvency II".
Kritiker wie Sven Giegold, der die Arbeit der grünen Parteien im Wirtschaftsausschuss koordiniert, monierten dagegen, dass das Regelwerk zu lax sei. Im Vergleich zu den ersten Fassungen gestehe es den Aufsichtsbehörden wenige Durchgriffsmöglichkeiten zu.
Giegold kritisiert vor allem, dass die europäische Versicherungsindustrie laut dem in der Nacht erzielten Kompromiss insgesamt 280 Milliarden Euro weniger zusätzliches Kapital vorhalten muss, um sich selbst vor Verlusten zu schützen. "Die Bewertungsgrundlagen für Kapitalanlagen wurden von den Mitgliedsstaaten für ihre jeweiligen Versicherungsunternehmen maßgeschneidert. Damit werden die Anlagen nicht zu Marktpreisen bewertet, sondern zu staatlich vorgegebenen Preisen", so Giegold. Vertreter der Versicherungsindustrie hatten die ursprünglich vorgesehenen Kapitalvorschriften als überzogen bezeichnet, sie würden die Profitabilität der Branche empfindlich schmälern.
Bei Unternehmensberatern gelten allerdings die Umsetzung der neuen Berichtsrichtlinien und der Vorgaben für das Risikomanagement als größte Kostenfaktoren, da sie Investitionen, etwa in IT-Infrastruktur, erfordern. Diese Kosten und Umstellungen würden insbesondere kleinere Versicherer treffen. Versicherungskonzerne wie die Allianz zeigen sich daher entspannt: "Allianz ist vorbereitet auf Solvency II", so etwa Allianz-Vorstandsmitglied Maximilian Zimmerer.
Während Solvency II bereits im November 2009 von den EU-Finanzministern verabschiedet wurde, verhandelten das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten ab 2011 über die Anpassung der Richtlinien an die neue EU-Finanzaufsichtsstruktur und den Vertrag von Lissabon. Nachdem nun Einigkeit über die Anpassung besteht, könnte das Gesetz nach Verabschiedung zum 1. Januar 2016 in Kraft treten.
Allerdings hält die Branche diesen Zeitplan für sehr ambitioniert. Bevor das neue Regelwerk vollständig in Kraft treten könne, müssten auf europäischer und nationaler Ebene noch wichtige Details festgelegt werden, so von Fürstenwerth. Auch Allianz-Vorstandsmitglied Zimmerer hält die Zeit für knapp bemessen. "Den Start 2016 kann man schaffen, aber viele kleine Versicherer sind noch nicht fertig mit den Vorbereitungen", sagte er.
Mitte 2014 will die EU-Kommission Vorschläge zur konkreten Ausgestaltung der Solvency-II-Regeln machen. Bis Anfang 2015 soll Solvency II nach aktuellem Stand in nationales Recht umgesetzt werden.
Mitarbeit: Ulrike Dauer und Geoffrey T. Smith
Kontakt zur Autorin: isabel.gomez@wsj.com
DJG/igo/kgb
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