19.11.2015 07:25:47

Einsatz nördlich von Paris vereitelte womöglich neuen Anschlag

   PARIS (AFP)-- Mit einem Anti-Terror-Einsatz im Pariser Vorort Saint-Denis ist möglicherweise ein neuer Anschlag verhindert worden. Bei dem Einsatz sei ein terroristisches "Kommando" zerschlagen worden, sagte Staatsanwalt François Molins am Mittwochabend. Acht Verdächtige wurden festgenommen, der mutmaßliche Drahtzieher der Anschläge von Paris, der belgische Islamist Abdelhamid Abaaoud, war laut Molins nicht darunter.

   Angesichts der Bewaffnung, der Organisationsstruktur und der "Entschlossenheit" der "neuen Gruppe von Terroristen" deute alles darauf hin, "dass dieses Kommando zur Tat schreiten konnte", sagte der Staatsanwalt. Bei dem insgesamt siebenstündigen Einsatz, der am frühen Mittwochmorgen gestartet war, sprengte sich eine Frau in die Luft. Ein weiterer mutmaßlicher Extremist wurde von Kugeln getötet. Beide wurden noch nicht identifiziert. Bei dem getöteten Mann könnte es sich theoretisch auch um Abaaoud handeln.

   Spezialeinheiten hatten am Morgen eine Wohnung in der nördlich von Paris gelegenen Vorstadt Saint-Denis gestürmt. Der Einsatz galt dem 28-jährigen Islamisten Abaaoud. Die Behörden hatten nach Angaben von Staatsanwalt Molins am Montag einen Hinweis bekommen, wonach sich das Mitglied der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) in der Wohnung im dritten Stock "verschanzt" haben könnte.

   Die Beamten der Spezialeinheit Raid konnten die Sicherheitstür zu der Wohnung zunächst nicht öffnen. Die Verdächtigen lieferten sich ein rund einstündiges Feuergefecht mit den Beamten, die rund 5000 Kugeln abfeuerten. Die Sondereinheiten hätten "Sturmgewehre, Scharfschützen, Offensivgrananten, Sprengstoff" eingesetzt, sagte Molins. Bei dem "extrem schwierigen" Einsatz wurden fünf Polizisten verletzt.

   In und außerhalb der Wohnung wurden acht Verdächtige festgenommen, einige hatten sich zwischenzeitlich in den Trümmern versteckt. Festgenommen wurde auch der Mann, der die gestürmte Wohnung den Verdächtigen zur Verfügung gestellt hatte.

   Der Anti-Terror-Einsatz ereignete sich fünf Tage nach den Anschlägen von Paris mit 129 Toten und mehr als 350 Verletzten. Die Polizei sucht mit Hochdruck mindestens einen weiteren mutmaßlichen Angreifer, den 26-jährigen Salah Abdeslam, dessen Bruder unter den Selbstmordattentätern war. Videoaufnahmen deuten zudem auf die Existenz eines neunten Attentäters hin, seine Identität ist noch nicht bekannt.

   Als Reaktion auf die Anschlagsserie hatte Frankreichs Staatschef François Hollande den Ausnahmezustand verhängen lassen. Am Donnerstag soll die Nationalversammlung einer Verlängerung des Ausnahmezustandes um drei Monate zustimmen.

   Unterdessen veröffentlichte der US-Geheimdienst einen Bericht, wonach er schon im Mai vor koordinierten Angriffen wie denen in Paris gewarnt hatte, und dass Abaaoud dabei schon als mutmaßlichen Drahtzieher identifiziert worden war. Die Einschätzung des Geheimdienst- und Analysebüros und des FBI zog Schlüsse aus einer im Mai in Belgien aufgedeckten Anschlagsplanung. Demnach zeichnete sich ab, dass der IS "die Fähigkeit entwickelt hat, im Westen komplexere Einsätze zu verüben". Die Gefahr einer Anschlagsserie sei in Europa größer als in den USA.

   Gleichwohl veröffentlichte der IS ein neues Video, in dem er den New Yorker Times Square als Ziel einer neuen Attacke nennt. Die New Yorker Polizei sah danach aber keinen Hinweis auf "eine aktuelle spezifische Bedrohung".

   Für zusätzliche Beunruhigung sorgten am Mittwochabend zwei Angriffe in Marseille: Vor einem jüdischen Gemeindehaus wurde ein Lehrer mit Kippa von drei Männern mit Messerstichen verletzt. Die Angreifer zeigten dabei laut Polizei ein T-Shirt mit dem Logo des IS und zwangen ihr Opfer, Handyfotos von einem Dschihadisten anzusehen, der vor drei Jahren in Frankreich sieben Menschen getötet hatte. Die Angreifer wurde noch nicht gefasst.

   Vor einer Metro-Station in Marseille wurde auch eine eine junge Muslimin attackiert. Nach ihren Angaben warf ihr der Angreifer vor, eine "Terroristin" zu sein, offenbar weil sei einen Hidschab trug, einen Schleier, der das Gesicht nicht bedeckt. Der Mann in den Zwanzigern versetzte der jungen Frau einen Faustschlag und verletzte sie leicht an der Brust, womöglich mit einem Messer.

   Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve erklärte, er sei "empört" über die "feigen antimuslimischen und antisemitischen Angriffe".

   Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com

   DJG/kla

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