Ehemaliger EZB-Präsident Trichet warnt vor "Grexit"

FRANKFURT/PARIS (dpa-AFX) - Der ehemalige EZB-Präsident Jean-Claude Trichet warnt vor einem Ausschluss Griechenlands aus dem Euroraum. Er fände es "historisch unverantwortlich von anderen Ländern, die Situation auszunutzen, um die Griechen hinauszuwerfen", sagte der Franzose dem Wirtschaftsmagazin "Capital" (Donnerstag). Ein sogenannter Grexit "wäre die allerschlechteste Lösung für die Griechen", sagte Trichet, der bis Ende Oktober 2011 an der Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB) stand. "Und wer glaubt, dass Europa besser dran wäre, ist meiner Ansicht nach naiv."

Athen ringt seit Monaten mit den internationalen Geldgebern um neue Rettungsmilliarden. Wird bis Ende Juni keine Lösung gefunden, droht Griechenland die Staatspleite und in der Folge womöglich der Austritt aus dem Euroraum ("Grexit").

Nach Ansicht Trichets liegt es vor allem in der Hand der griechischen Regierung ein solches Szenario abzuwenden. Notwendig sei ein glaubwürdiges Reformprogramm, das Vertrauen schaffe - "nicht nur bei den hilfsbereiten Europäern und der internationalen Gemeinschaft, vor allem auch bei den griechischen Verbrauchern und Sparern".

Für den Fall eines Scheiterns sehe er vor allem geopolitische Risiken, sagte Trichet. "Und wenn es zu einer katastrophalen Entwicklung in Griechenland kommt, hätte Europa der ganzen Welt demonstriert, dass es gescheitert ist, in seiner eigenen Region für Stabilität und Ordnung zu sorgen."

Trichet mahnte alle Regierungen: "Solide Haushalte und Strukturreformen brauchen wir in ganz Europa, Kostenzurückhaltung muss mancherorts noch dazukommen. Wenn Ihr die Zeit nicht nutzt, die Euch die Notenbank gegeben hat, um Euren Job zu machen, steuern wir auf eine neue Krise zu."/ben/DP/fbr