16.01.2014 12:03:32

EZB sieht Potenzial für höhere Geldmarktsätze

   Von Hans Bentzien

   Die Europäische Zentralbank (EZB) rechnet offenbar mit einem weiteren Anstieg der Geldmarktsätze. Grund ist die weiterhin sinkende Überschussliquidität am Geldmarkt und die damit zusammenhängende höhere Unsicherheit über die künftige Zinsentwicklung. Ob der Zinsanstieg aus ihrer Sicht so stark sein wird, dass sie darauf mit weiteren Maßnahmen reagieren müsste, dazu gab die EZB in ihrem aktuellen Monatsbericht keine Einschätzung ab.

   Die Zentralbank will nach eigener Aussage genau darauf achten, dass die Marktzinsen mit ihrer Absicht übereinstimmen, die Zinsen für längere Zeit auf dem aktuellen oder einem noch niedrigeren Niveau zu halten. Der Grund ist, dass niedrige Zinsen Investitions- und Konsumbereitschaft erhöhen, was der schwachen Euroraum-Wirtschaft Schwung geben würde.

   Die Überschussliquidität am Geldmarkt der Eurozone wird sich nach Einschätzung der EZB im laufenden Jahr weiter verringern. Die Ursache dafür ist positiv, aber die Auswirkungen könnten negativ sein. Als Ursache hat die EZB ausgemacht, dass sich die Refinanzierungsbedingungen der Banken am Geldmarkt deutlich verbessert haben: Sie bekommen mehr Einlagen und können leichter Anleihen begeben.

   Allerdings gilt diese Aussage nur für jene Banken, die bereits ihre ursprünglich bei der EZB auf drei Jahre aufgenommenen Kredite zurückgezahlt haben. Eine gewisse Anzahl von Banken hat das noch nicht getan, und deren Refinanzierungsbedingungen haben sich laut EZB sogar noch verschlechtert. Wenn nun die mit reichlich Liquidität gesegneten Institute anderen Banken Geld leihen, so bemessen sie den Ausleihzins am Risiko des Kreditnehmers und an der für den Kreditzeitraum erwarteten Zinsentwicklung.

   Das Problem ist: Je niedriger die Überschussliquidität am Geldmarkt, desto anfälliger werden die Zinsen für unvermutete Schwankungen der Liquiditätsnachfrage, die häufig mit dem Finanzbedarf öffentlicher Institutionen im Zusammenhang stehen. Die künftige Zinsentwicklung wird für die ausleihenden Banken schwerer prognostizierbar, sie fordern einen höheren Risikoaufschlag, der Geldmarktzins steigt.

   "Aufgrund des nichtlinearen Verhältnisses zwischen Überschussliquidität und Kurzfristzinssätzen kann ein Rückgang der Überschussliquidität zu einem relativ starken Anstieg der Marktsätze führen, während eine Zunahme der Überschussliquidität einen geringeren, dämpfenden Effekt auf diese Zinssätze haben kann. Diese Unsicherheit dürfte dazu führen, dass die erwarteten Zinssätze im Schnitt etwas höher ausfallen als der tatsächliche Zinssatz, da die Marktteilnehmer für die Risiken, die sich aus den weniger vorhersagbaren Tagesgeldsätzen ergeben, entschädigt werden müssen", analysiert die EZB.

   Zuletzt lag der Satz für unbesichertes Tagesgeld (EONIA) bei 0,21 Prozent - deutlich dichter am Hauptrefinanzierungssatz von 0,25 Prozent als am Einlagensatz von null Prozent. Und die EZB rechnet für 2014 mit einem weiteren Rückgang der Überschussliquidität - unter anderem weil die Restlaufzeit der dreijährigen Refinanzierungsgeschäfte dann auf unter ein Jahr sinkt und "weil bei der Zentralbank aufgenommene Refinanzierungsmittel mit einer Laufzeit von weniger als einem Jahr das Laufzeitenprofil einer Bank aus rein aufsichtlicher Perspektive nicht verbessern".

   Ein Zinsanstieg scheint also fast unvermeidlich, aber wie wird die EZB darauf reagieren? Dazu sagt der Aufsatz im Monatsbericht nichts. EZB-Präsident Mario Draghi hat klar gemacht, dass die Zentralbank einen "ungerechtfertigten" Anstieg der Zinsen nicht hinnehmen wird. Aber was bedeutet das? Commerzbank-Volkswirt Michael Schubert meint: "Die EZB wird dabei auf die relative Zinsentwicklung im Vergleich zu den USA achten. Und ich glaube, dass ihr jeder Anstieg des Eonia über den Hauptrefinanzierungssatz hinaus Kopfschmerzen bereiten wird."

   Kontakt zum Autor: hans.bentzien@wsj.com

   DJG/hab/sgs

   (END) Dow Jones Newswires

   January 16, 2014 05:30 ET (10:30 GMT)

   Copyright (c) 2014 Dow Jones & Company, Inc.- - 05 30 AM EST 01-16-14

Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!