Wie eine mit der Angelegenheit vertraute Person sagte, nahm die EZB Ende vergangener Woche einige von Volkswagen Financial Services begebene forderungsbesicherte Anleihen vorübergehend von ihrem Anleihekaufprogramm aus. Laut dem Informanten will sich die EZB zunächst einmal die aktuelle Entwicklung anschauen und hofft, ihre Überprüfung bald abzuschließen.

Hintergrund dieses Schritts ist unter anderem der Umstand, dass angesichts des Skandals um manipulierte Abgaswerte bei Diesel-Fahrzeugen von VW voraussichtlich höhere Finanzierungskosten auf das Unternehmen zukommen. Das dürfte der Finanzdienstleistungstochter die Vergabe von Automobilkrediten erschweren.

Zwar machen forderungsbesicherte Wertpapiere nur einen Bruchteil des 60 Milliarden Euro schweren monatlichen Anleihenkaufprogramms der EZB aus. Doch der Schritt unterstreicht den Schaden, der durch den Abgasskandal für Volkswagens große Finanzdienstleistungsgeschäfte in den USA und Europa entstanden ist, die für Autokäufer und -händler oftmals wie eine Bank agieren.

Die drei großen Ratingagenturen prüfen die Bonität von Volkswagen bereits auf eine mögliche Herabstufung. S&P, Moody's und Fitch verwiesen dabei unter anderem auf den schweren Imageschaden und die enormen Kosten, die in Folge des Manipulationsskandals auf den Konzern zukommen können. Moody's hat den Ausblick für die Bonität in der vergangenen Woche bereits auf negativ von stabil gesenkt.

Die Volkswagen-Aktie brach nach Bekanntwerden des Abgasskandals vergangene Woche massiv ein.

Volkswagen Financial Services prüfe nun mögliche Abschreibungen auf den Beleihungungswert der von einem Rückruf betroffenen Fahrzeuge, sagte ein Sprecher der Tochtergesellschaft. "Wir sind in Gesprächen mit Volkswagen, um die möglichen Auswirkungen zu evaluieren", die Ergebnisse sollen in dieser Woche bekannt gegeben werden, sagte er.

Der Finanzdienstleister bündelt Bankaktivitäten wie Einlagengeschäft und Verbraucherkredite, um die Autoverkäufe anzukurbeln, sowie Leasing- und Versicherungsgeschäfte. Die Kredite- und Leasingverträge der Sparte sind mit Fahrzeugen besichert. Wenn der Wert dieser Fahrzeuge fällt, muss Volkswagen Financial Services möglicherweise eine Abschreibung verbuchen.

Auch die Fahrzeughalter sorgen sich um den Wert ihrer Autos. Analysten gehen aber davon aus, dass es Zeit braucht, um die Auswirkungen des Skandals in ihrer Gänze zu erfassen.

"Diese Ankündigung betrifft die Diesel-Fahrzeuge von Volkswagen und diese Fahrzeuge haben einen höheren - manchmal sehr viel höheren - Restwert wie die entsprechenden Benziner", sagte Eric Ibara von Kelley Blue Book. "Es ist zwar möglich, dass Verbraucher anfangen, diese Fahrzeuge zu meiden, aber ausgehend von den Erfahrungen der Vergangenheit muss das nicht unbedingt so sein", sagte er und Verwies auf Erfahrungen bei anderen Herstellern.

Mit mehr als 11.000 Mitarbeitern und Assets im Volumen von rund 114 Milliarden Euro trug die Finanzdienstleistungssparte in ersten Halbjahr 781 Millionen Euro oder fast 14 Prozent zum Konzerngewinn von VW bei, wie aus einer Analystenpräsentation hervorgeht. Die gesamte Sparte hatte 12,6 Millionen Verträge, 15 Prozent davon in Nordamerika und 70 Prozent in Europa.

Volkswagen hatte vergangene Woche eingeräumt, das bis zu 11 Millionen Dieselfahrzeuge mit Software ausgerüstet sind, die laut US-Behörden dem Unternehmen ermöglichte, Abgasrichtlinien zu umgehen. Die betroffenen Fahrzeuge könnten nun weltweit zurückgerufen werden.

Das Kraftfahrt-Bundesamt hat Volkswagen eine Frist bis zum 7. Oktober gesetzt, um einen verbindlichen "Maßnahmen- und Zeitplan" vorzulegen, aus dem ersichtlich wird, bis wann eine technische Lösung umgesetzt werden kann.

Der Konzern gab in Folge des Skandals eine Gewinnwarnung aus und stellte etwa 6,5 Milliarden Euro zurück, um die finanziellen Auswirkungen des Skandals abzudecken. Der Einbruch des Aktienkurses kostete Volkswagen rund 30 Prozent der Marktkapitalisierung und führte zum Rücktritt von Konzernchef Martin Winterkorn.

Der neue CEO Matthias Müller hat Investoren und Kunden eine zügige und schonungslose Untersuchung des Abgasbetrugs versprochen. In einem Brief an die Mitarbeiter, in den das Wall Street Journal Einblick hatte, wandte er sich gemeinsam mit dem Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Bernd Osterloh an die Volkswagen-Belegschaft und versprach, dass eine derartige Verfehlung nie wieder vorkommen werde.

   DJG/DJN/brb

  Dow Jones Newswires

  Von Eyk Henning und Brian Blackstone

FRANKFURT (Dow Jones)

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