Von Hans Bentzien

   FRANKFURT (Dow Jones)-- Der Präsident der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, hat die sehr lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) verteidigt. Er sieht aber keinen Grund für Diskussionen über eine Ausweitung des Anleiheankaufprogramms über monatlich 60 Milliarden Euro. Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung sagte Weidmann, die kürzlich von EZB-Präsident Mario Draghi geäußerte Bereitschaft zur Ausweitung des Programms verstehe er als Hinweis darauf, dass der EZB-Rat bereit sei, auf veränderte Rahmenbedingungen zu reagieren.

   "Meines Erachtens wollte Mario Draghi mit seinen Äußerungen vor allem signalisieren, dass sich unsere Geldpolitik an den Inflationsaussichten orientiert und der EZB-Rat bereit ist, auf veränderte Daten zu reagieren", sagte Weidmann. Draghi hatte nach der EZB-Ratssitzung Anfang des Monats gesagt, das Ankaufprogramm sei flexibel hinsichtlich seiner Dauer, seiner Größe und seiner Parameter. Zudem hatte der EZB-Rat eine Ausweitung des Pools ankaufbarer Papiere beschlossen und dieser Aussage Glaubwürdigkeit verliehen.

   Weidmann, der im EZB-Rat gegen das Ankaufprogramm gestimmt hatte, hält auch von Diskussionen über eine Ausweitung nichts. "Wir haben ein nie da gewesenes Kaufprogramm gestartet, das sich noch mitten in der Umsetzung befindet. Die Geldpolitik sollte sich nicht vom Auf und Ab einzelner Indikatoren treiben lassen, solange die geldpolitische Einschätzung im Kern weiter gültig ist", sagte Weidmann.

   Im Unterschied zu Draghi verwies Weidmann in dem Interview auch nicht auf höhere Wachstums- und Inflationsrisiken, sondern sagte: "Die Konjunkturerholung im Euroraum hat sich gefestigt, die schon Anfang des Jahres überzogenen Deflationssorgen sind weiter verblasst."

   Die Wirtschaft des Euroraums ist nach revidierten Angaben von im ersten und zweiten Quartal um 0,5 bzw. 0,4 Prozent gewachsen - etwas stärker als bisher angenommen. Im Juli legte zudem die Industrieproduktion deutlicher als erwartet zu, die Arbeitslosenquote sank und die Beschäftigung stieg. Allerdings ging die Inflationsrate wegen des gesunkenen Ölpreises wieder von 0,3 auf 0,2 Prozent zurück.

   Trotz seiner Ablehnung des Ankaufs von Staatsanleihen hält EZB-Ratsmitglied Weidmann daher eine lockere Geldpolitik für nötig - auch auf die Gefahr hin, dass die Zentralbank damit die Politiker des Euroraums von einer langfristig wachstumsfreundlichen Politik abhält. Er sagte: "Wir haben ein klares Ziel: Die Preisstabilität zu erhalten mit einer Inflationsrate von mittelfristig unter, aber nahe 2 Prozent. Eine solide Finanzpolitik und eine wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik machen uns unsere Aufgabe zwar leichter oder überhaupt erst möglich. Wir dürfen aber nicht die Geldpolitik dazu benutzen, politisches Handeln nach unseren Vorstellungen zu erzwingen."

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   September 16, 2015 03:42 ET (07:42 GMT)

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