Lautenschläger warnte, die Niedrigzinsen könnten zur Bildung von Preisblasen an den Vermögensmärkten führen. "Bei niedrigen Zinsen steigt die Gefahr von zu riskantem Anlageverhalten, es können sich leicht Überhitzungen oder Preisblasen in anderen Vermögensklassen bilden." Außerdem könnten die niedrigen Zinsen die Reformanstrengungen der Regierungen erlahmen lassen. Eine expansive Geldpolitik könne nur einen Anstoß für mehr Wachstum geben. Die entscheidenden Impulse müssten von der Wirtschaftspolitik kommen, sagte sie.
Die niedrigen Zinsen sieht die frühere Chefin der Finanzaufsichtsbehörde BaFin zudem als Bedrohung für einige Geschäftsbanken in Deutschland. Dazu komme der starke Konkurrenz- und Preisdruck zwischen den Banken, weshalb "mittel- und langfristig manche Geschäftsmodelle in eine kritische Situation geraten könnten". Daher müsse verhindert werden, dass Banken allein mit riskanteren Geschäften oder Einsparungen wie etwa mit Stellenabbau im Risikomanagement auf die niedrigen Zinsen reagierten. Die Bankenaufsicht reagiere auf ein erhöhtes Risiko in der Bilanz von Kreditinstituten mit der Forderung nach zusätzlichen Wertberichtigungen oder mehr Eigenkapital sowie verbesserten internen Kontrollen.
Lautenschläger, die in der Europäischen Zentralbank sowohl für die Geldpolitik als auch für die Bankenaufsicht mitverantwortlich ist, plädiert in dem Interview außerdem für eine Trennung beider Bereiche. "Alles, was zwischen Geldpolitik und Aufsicht läuft, geht über meinen Tisch. Und ich bin mir bewusst, dass ich in meiner Brückenfunktion zwischen beiden Bereichen vermitteln muss", sagte sie. "Langfristig halte ich aber eine Trennung der beiden Aufgaben für die bessere Wahl."
DJG/smh/bam
Dow Jones Newswires
FRANKFURT (Dow Jones)
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