11.12.2015 11:25:41

EZB-Chefvolkswirt Praet: 'Konnten wegen Schweigepflicht nicht reagieren'

FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Europäische Zentralbank (EZB) konnte laut ihrem Chefvolkswirt Peter Praet wegen einer Schweigepflicht falsche Markterwartungen vor dem jüngsten Zinsentscheid nicht korrigieren. "Das Problem war, dass die Erwartungen der Märkte mit zunehmender Dauer immer größer geworden waren, obwohl die jüngsten Konjunkturdaten erfreulich gut waren", sagte Praet im Interview mit dem "Handelsblatt" (Wochenendausgabe 11./12./13. Dezember, S.30). "Aufgrund der Schweigepflicht konnten wir darauf aber nicht reagieren."

Gemäß einer sogenannten "Quiet Period" dürfen sich die EZB-Notenbanker in den Tagen vor einer geldpolitischen Entscheidung zu dieser nicht öffentlich äußern. Am Donnerstag vergangener Woche hatte die EZB zwar den Bankeneinlagensatz weiter abgesenkt und das Anleihekaufprogramm ausgeweitet. Das Ausmaß beider Schritte blieb aber hinter den Erwartungen an den Märkten zurück.

Praet stemmte sich zudem gegen Gerüchte, dass die Mehrheit im EZB-Rat nicht mehr hinter ihm stehe und er weniger geldpolitische Lockerungen durchsetzen konnte als er wollte. "Was letzte Woche beschlossen wurde, ist exakt im Einklang mit dem, was ich dem Rat vorgeschlagen habe", sagte Praet.

Der Chefvolkswirt äußerte sich auch zu den aktuell umstrittenen Anleihekäufen nationaler Notenbanken. "Entscheidend ist, dass der EZB-Rat die volle Kontrolle über die Größe der Bilanz des Euro-Systems hat", sagte Praet. "Und das ist der Fall." Zum Hintergrund: Nach kürzlich veröffentlichten Berechnungen des Berliner Finanzwissenschaftlers Daniel Hoffmann sind zwischen Anfang 2006 und Ende 2012 Wertpapierbestände in den Händen der nationalen Notenbanken im Euroraum von 214 auf 724 Milliarden Euro nach oben geschnellt. Einige Kritiker wittern darin eine versteckte Staatsfinanzierung durch die Notenbanken./tos/bgf

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