28.10.2014 10:38:50

EZB-Chefökonom Praet: Deutschland hat noch Spielraum für Investitionen

BRÜSSEL (dpa-AFX) - Deutschland hat nach Einschätzung des Chefvolkswirts der Europäischen Zentralbank (EZB) Peter Praet Spielraum für stärkere öffentliche Investitionen und muss um seine wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit fürchten.

"Deutschland verfügt über einen gewissen Spielraum zur Lockerung seiner Haushaltspolitik, ohne dabei die mittelfristige Stabilität zu gefährden. Es kann daher diesen Spielraum dafür verwenden, mehr zu investieren," sagte Praet der belgischen Zeitung L'Echo. Die Bundesregierung hält trotz der jüngsten Eintrübung der konjunkturellen Aussichten an ihrem Ziel eines ausgeglichenen Haushalts für das kommende Jahr fest.

Deutschland müsse sich zudem angesichts der teilweisen Senkung des Rentenalters sowie der Einführung des Mindestlohns auch um seine Wettbewerbsfähigkeit sorgen. "Es hat bis zuletzt sogar eine Art Selbstzufriedenheit gegeben. Deutschland muss sich die Frage stellen: wie werden wir in den kommenden zehn Jahren wettbewerbsfähig bleiben?" sagte Praet.

Frankreich hingegen müsse mehr Sparanstrengungen leisten. "Ich denke, Frankreich muss mehr für die Sanierung der öffentlichen Haushalte tun." In der Vergangenheit sei der fiskalpolitische Spielraum, den Staaten laut den Budgetregeln der Europäischen Union während der Umsetzung struktureller Reformen in Anspruch nehmen können, von vielen Ländern missbraucht worden. Die Regeln hätten daher ein Glaubwürdigkeitsproblem.

Der französische Finanzminister Michel Sapin kündigte am Montag in Paris in der Tat eine Reduktion des öffentlichen Defizits um etwa 3,6 Milliarden Euro an. Frankreich hatte in der vergangenen Woche wie auch Italien und Österreich ein Schreiben von EU-Währungskommissar Jyrki Katainen erhalten, in dem nach Gründen für die Nichtbeachtung der Kriterien des EU-Stabilitäts- und Wachstumspaktes gefragt wurde.

Praet geht zudem davon aus, dass die Eurozone eine erneute Rezession vermeiden kann. "Die Stimmungsindikatoren deuten darauf hin, dass das Wachstum in der Eurozone im dritten und vierten Quartal ganz leicht positiv sein wird. Dies ist aber zugleich bedenklich, denn das 'Momentum' reicht mit Sicherheit nicht aus, um ein nachhaltiges Wachstum zu gewährleisten."

Das Risiko einer Deflation hält Praet für begrenzt, auch wenn die Inflation und auch die Inflationserwartungen weiterhin zurückgingen. Praet setzt die Wahrscheinlichkeit einer Deflation bei deutlich unter 30 Prozent an. "Aber wir müssen wachsam bleiben."/fr/jsl

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