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28.04.2014 14:40:31

EZB-Chef Draghi beschwört die Geldpresse

   Von Simon Nixon

   Das Trommelschlagen für eine geldpolitische Lockerung in der Eurozone wird mit jedem Tag lauter. Es vergeht kaum ein Tag, ohne dass ein EZB-Ratsmitglied eine Rede darüber hält, warum, wann und wie die Zentralbank anfangen könnte, Schuldtitel im großen Stil zu kaufen.

   Erst in der vorigen Woche gab Präsident Mario Draghi die bis dato ausführlichste Erläuterung, unter welchen Bedingungen eine monetäre Lockerung, auch bekannt als Quantitative Lockerung oder QE, nötig werden könnte.

   Darüber zu reden ist eine Sache. Es wirklich zu tun, eine andere. Nicht zum ersten Mal versucht Draghi, die Märkte zu überzeugen, dass die EZB "alles tun wird, was nötig ist" - dieses Mal, um gegen die niedrige Inflation anzugehen.

   Indem die EZB den Märkten versichert, dass sie keine prinzipiellen Einwände gegen einen Start von QE hat, hofft sie, die Geldanleger dazu zu bringen, größere Risiken einzugehen.

   Aber wie bei dem Versprechen auf dem Höhepunkt der europäischen Schuldenkrise, das Draghi im Juli 2012 machte, bleiben in der Praxis die Hürden für tatsächliche Käufe von Schuldtiteln hoch. Damals versprach er, die Anleihen von Krisenländern zu kaufen, damit die Renditen nicht zu stark steigen.

   Was sind also die Hürden? Zentralbanker nennen zwei Aspekte, die sich auf den ersten Blick zu widersprechen scheinen. Erstens sagen viele von ihnen, dass sie von der Notwendigkeit von QE nicht überzeugt sind.

   Nach den Ausführungen von Draghi müsste sich der Wachstumsausblick beträchtlich verschlechtern, damit die EZB anfängt, Schuldtitel zu kaufen. Doch aktuelle Daten wie etwa die überraschend starken Einkaufsmanagerindizes lassen darauf schließen, dass die Erholung im Euroraum an Schwung gewinnt.

   Die spanische Notenbank schätzt, dass die Wirtschaft des Landes im ersten Quartal um 0,4 Prozent gewachsen ist. Das wäre deutlich stärker als erwartet und eine spürbare Beschleunigung gegenüber dem Vorquartal. In Deutschland zeigte der Ifo-Index trotz der Ukraine-Krise einen überraschenden Anstieg des Geschäftsklimas.

   Zweitens sind die Zentralbanker besorgt, dass die Geldspritzen nicht viel Gutes bewirken würden: Sie wirken, indem Firmen und Haushalte ermutigt werden, mehr Kredite aufzunehmen und mehr Geld auszugeben. Aber in der Eurozone - in der die Unternehmensfinanzierung viel stärker von Banken abhängt als in den USA - ist es gut möglich, dass sich trotz QE an der Verfügbarkeit von Krediten wenig ändert, weil viele Geldhäuser immer noch versuchen, ihre Bilanzen zu verkleinern.

   Die Kreditvergabe in der Eurozone sinkt weiter, obwohl die Zinsen für Schuldtitel in diesem Jahr stark gefallen sind. Aber falls die Bankensektor immer noch marode ist, warum sind die Zentralbanker dann zunehmend optimistisch über die Wirtschaftserholung?

   Ein Teil der Antwort ist, dass dem Kreditwachstum wohl zu viel Aufmerksamkeit geschenkt wird.

   Eine von fünf Erholungen ist "kreditlos", fand eine Studie des Internationalen Währungs 2011 heraus. Das Kreditwachstum in Schweden blieb nach der Finanzkrise in den 1990er Jahren für mehrere Jahre sehr gedämpft. Die Kreditvergabe der britischen Banken fängt erst jetzt an zu wachsen, mehr als ein Jahr nachdem eine starke Wirtschaftserholung eingesetzt hat.

   Die frühen Stadien einer Erholung werden eher durch Einkommen und Sparguthaben finanziert - weniger über neue Schulden. Ein Abbau der Fremdfinanzierung ist unvermeidlich, da Kredite aus der Boomphase zurückgezahlt werden müssen.

   Noch wichtiger sind die ermutigenden Belege dafür, dass die laufende EZB-Prüfung der Bankbilanzen einen Reinigungseffekt hat.

   Die Banken des Euroraums haben mehr als 36 Milliarden Euro an Kapital aufgenommen, seit der Prozess im letzten Sommer gestartet wurde. Davon kamen über 20 Milliarden Euro vom Aktienmarkt, ermittelte Huw van Steenis, ein Bankenanalyst bei Morgan Stanley. Als Vergleich nennt der Experte die Schätzungen für die Kapitallücken bei den Banken der Eurozone, die von 20 bis 60 Milliarden Euro reichen.

   Die meisten großen europäischen Banken sind dabei, ihr Eigenkapital (Tier 1) auf mindestens 9 Prozent aufzustocken; damit würden sie zum Durchschnitt in den USA aufschließen. In dieser Woche veröffentlich die Europäische Bankenaufsicht die Details zu den Szenarien des Stresstests, der Teil der umfassenden EZB-Prüfung sein wird. Doch die Märkte scheinen überzeugt zu sein, dass der größte Teil des Bankensystems bereits angemessen kapitalisiert ist.

   Die Marktkapitalisierung der Banken liegt im Schnitt nun deutlich über ihrem Buchwert. Die Investoren scheinen der Ansicht zu sein, dass Verluste angemessen bilanziert sind, dass die Banken nun in der Lage sind, eine Eigenkapitalrentabilität zu liefern, die über den Kapitalkosten liegt und dass sie nicht gezwungen sind, den Aktienbesitz durch Kapitalerhöhungen weiter zu verwässern.

   Dieses Vertrauen wird gestützt durch Hinweise, dass die Margen steigen, weil einerseits die Kosten für die Mittelbeschaffung sinken, andererseits die Banken sich von Kostenblöcken befreien. In Spanien scheinen die faulen Kredite den Höhepunkt überschritten zu haben - der Markt setzt darauf, dass die Qualität von Kreditforderungen zusammen mit der Wirtschaftserholung in ganz Europa steigen wird.

   Das weckt sogar Hoffnungen, dass ein stärkeres Bankensystem bald wieder die Kreditvergabe ausweiten wird. Die Kreditausreichungen in Spanien an kleine und mittlere Firmen stiegen in den zwölf Monaten bis Februar um sieben Prozent, allerdings von einer sehr niedrigen Basis aus.

   Nach der EZB-Umfrage zu den Kreditkonditionen - traditionell ein verlässlicher Frühindikator - könnte die Kreditvergabe der Banken in diesem Jahr um drei bis vier Prozent wachsen, kalkuliert Barclays-Analyst Mike Harrison. Die größten Zuwächse dürfte es in den Peripherieländern geben.

   Natürlich teilt nicht jeder diesen Optimismus. Obwohl neun der 15 italienischen Banken, die der EZB-Prüfung unterliegen, ihr Kapital aufgestockt haben, legt die Schrumpfung der Kreditvergabe nahe, dass weitere radikale Restrukturierungen in Italien nötig sein könnten.

   Einige sind auch besorgt, dass die Relation von Krediten zu Spareinlagen in der Eurozone mit 120 Prozent weiter zu hoch ist, ein Erbe aus der Boomzeit mit Großfinanzierungen. Damit hält der Druck zum Abbau von Fremdkapital an, insbesondere bei spanischen Banken.

   Andere argumentieren, dass die Wiederherstellung des Vertrauens in Bankhäuser zwar eine notwendige, aber keine ausreichende Bedingung für eine Erholung sei. Der Zwang zur Sanierung der Staatsfinanzen und langfristige Engpässe in der Infrastruktur würden weiterhin auf dem Wachstum und der Inflation lasten.

   Wenn diese Untergangspropheten richtig liegen, wird die EZB letztlich gezwungen sein, ihren Worten auch Taten folgen zu lassen. Aber Draghi wird hoffen, dass ihm sein Versprechen "alles zu tun, was nötig ist", einmal mehr erlaubt, diesen Test zu überstehen, ohne einen einzigen Euro ausgeben zu müssen.

   (Diesen Text und weitere tiefergehende Meldungen und Analysen zu aktuellen Wirtschafts- und Finanzthemen finden Sie auf WSJ.de, dem deutschsprachigen Online-Angebot des Wall Street Journal.)

   Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com

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