23.10.2013 09:07:00

EZB-Bankencheck - 128 Institute auf dem Prüfstand

Unter der Oberhoheit der Europäischen Zentralbank (EZB) werden ab jetzt ein Jahr lang die 128 wichtigsten Banken der Eurozone auf Herz und Nieren geprüft. Danach sollte klar sein, welche Finanzinstitute ausreichend mit Kapital ausgestattet sind, um auf weitere Wirtschaftsturbulenzen vorbereitet zu sein. Im Folgenden einige Fragen und Antworten dazu.

Welche Institute fallen unter den EZB-Bankencheck

Die 128 wichtigsten Banken der Eurozone fallen darunter. Das sind Banken, die eine Bilanzsumme über 30 Mrd. Euro haben, oder mehr als 20 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) ihres Heimatlandes abdecken, oder eine marktbeherrschende Stellung in ihrem Land aufweisen. Zumindest sind es die drei wichtigsten Banken jedes Landes. Die 128 Häuser repräsentieren gemeinsam 85 Prozent der Bilanzsumme der Banken der Eurozone.

Was wird beim Bankencheck geprüft?

Dazu gehören drei Stufen: 1) Die Risikobewertung (risk assessment) soll zeigen, welche grundsätzliche Risikostruktur die Verpflichtungen der Banken aufweisen. 2) Diese Prüfung fließt in die neue und zentrale Übung der Bilanzprüfung (Balance sheet assessment) ein. Dabei wird erstmalig ganz genau geschaut, welche Kredite Banken per Ende 2013 in ihren Büchern habe, ob Bewertungen und Wertberichtigungen richtig verbucht sind. Genau hingeschaut wird dort, wo Risiken vermutet werden, wobei einzelne Geschäftsfälle durchleuchtet werden sollen. In dieser Phase könnte sich schon herausstellen, ob eine Bank zu wenig Kapital hat. 3) Auf Basis der Ergebnisse werden dann die Banken einem Stresstest unterzogen. Die genauen Kriterien und der Zeitpunkt sind noch nicht fixiert, im Kern wird es aber nach einem vergleichbaren Schema laufen, wie die EU-weiten Banken-Stresstests der Jahre 2011 und 2012.

Welche Kapitalanforderung gilt?

Die Mindestanforderung ist eine Quote von hartem Kernkapital ("core equity tier-1/CET-1") von 8 Prozent. Wobei sich das zusammensetzt aus 4,5 Prozent Mindestkernkapital, 2,5 Prozent Kapitalerhaltungszuschlag (capital conservation buffer) und 1 Prozent Systemrelevanz-Zuschlag, also ein Aufschlag dafür, dass diese Banken für die Wirtschaft so wichtig sind, dass sie im Krisenfall jedenfalls gerettet werden müssen. Dabei werden die Übergangsbestimmungen der weltweiten Kapitalanforderungen an Banken (Basel III) angelegt. Diese Bestimmungen verschärfen sich schrittweise bis 2019.

Warum sind jetzt nur 8 Prozent Kernkapital gefragt, obwohl es im Juni 2012 noch 9 Prozent waren?

Die jetzigen acht Prozent Kernkapital sind schwerer zu erreichen und sicherer, weil nur mehr Kapital anerkannt wird, das im Krisenfall besonders schwer aus der Bank abgezogen werden kann. Es gelten dabei Definitionen von Basel III, bei dem Stresstest im Juni 2012 hatten noch weichere Kriterien der Aufsichtsbehörde EBA für die Definition von Kernkapital gegolten. Das Kapital, das Banken im Juni 2012 gemeldet haben, durfte seither auch nicht mehr (in absoluten Beträgen) reduziert werden, ist also noch erhalten, auch wenn die Quote jetzt niedriger sein kann.

Ist das die erste Prüfung der Banken?

Einen genauen Blick auf die Risiken in den Bilanzen und die Bewertung einzelner Geschäfte (risk assessment und blance sheet assessment) gibt es so zum ersten Mal. "Stresstests", also die Berechnung, ob Banken auch in einer Wirtschaftskrise noch genug Kapital hätten, hat es schon öfter gegeben, etwa 2010, 2011 (damals mussten in der Krise 5 Prozent Kernkapital übrig bleiben, die ÖVAG und sieben weitere Institute fielen durch) und im Juni 2012 (damals war eine Kernkapitalquote von 9 Prozent gefordert).

Wann gibt es Ergebnisse?

Grundsätzlich soll die ganze Übung ein Jahr dauern, Ergebnisse soll es also im Oktober 2014 geben. Ob Zwischenergebnisse veröffentlicht werden und wenn ja welche, ist noch offen - aber eines der Ziele ist es, für mehr Transparenz und damit Vertrauen in das Bankensystem zu sorgen.

Wie könnten Ergebnisse aussehen?

Es soll pro Bank ein Ergebnis geben. Wie es genau ausschaut, ist noch offen, dürfte sich aber an der Kapitalausstattung orientieren.

Wie wehrt sich eine Bank gegen eine EZB-Entscheidung?

Der Instanzenzug geht direkt an den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg. Politisch ist die EZB-Bankenaufsicht dem Europäischen Parlament verantwortlich.

Werden Banken, die nicht unter den EZB-Bankencheck fallen, nicht geprüft?

Doch, sie werden von den nationalen Aufsichtsbehörden (in Österreich also FMA und OeNB) geprüft und zwar nach den gleichen Regeln wie die 130 großen Institute. Die EZB behält sich das Recht vor, auch bei den kleinen ("less significant") Instituten die Aufsicht an sich zu ziehen. Auch muss sie über alle wichtigen Entscheidungen der nationalen Prüfer informiert werden. In gewisser Weise prüfen also die nationalen Behörden unter Kontrolle der EZB.

Wie kann die EZB prüfen, obwohl ihre Prüfungseinheit erst in einem Jahr operativ ist?

Die EZB muss erst eine neue Einheit für die Bankenprüfung bilden, da diese neue Aufgabe strikt von der Geldpolitik getrennt werden muss. Sie hat noch ein Jahr Zeit, um ihre Prüfungseinheit aufzubauen. Formal gesehen sind es also vorerst noch Prüfungen der nationalen Behörden, die bis November 2014 verantwortlich bleiben, die aber von der EZB koordiniert werden. Die nationalen Behörden werden sich aber so verhalten, als gäbe es bereits die EZB-Kontrolle. Auch langfristig wird es eine enge Zusammenarbeit geben müssen: Die EZB plant, 900 Bankprüfer aufzunehmen, für die 130 größten Banken der Eurozone. Zum Vergleich: In Österreich sind bei FMA und OeNB gut 500 Leute mit der Prüfung der österreichischen Banken beschäftigt. Daher wird die EZB immer auf nationale Prüfer zurückgreifen müssen.

Wie sind die Prüfer organisiert?

Jede Bank wird von einem Team von wohl 20 bis 30 Leuten geprüft. Darin sind die EZB, die nationale Aufsicht des Heimatlandes der Bank aber auch Aufsichtsbehörden von Ländern, in denen die Bank ebenfalls aktiv ist, vertreten. Außerdem werden externe Wirtschaftsprüfer beauftragt werden, wobei man aufpassen muss, dass sie nicht von den Instituten kommen, die ohnehin schon die Bilanz der Bank prüfen.

Wie ist das Verhältnis zwischen EZB und Europäischer Bankenaufsicht EBA?

Die EBA ist für die Banken in der ganzen EU mit ihren 28 Mitgliedsländern zuständig. Aber die Prüfung der Banken der 18 Länder der Eurozone übernimmt die EZB für sie. Wichtigstes Ziel ist es, dass in allen 28 EU-Staaten nach gleichen Kriterien geprüft wird, deshalb hat die EBA diese Woche Regeln veröffentlicht, wie faule Kredite ("Non performing loans") zu definieren sind. Diese Regeln werden auch von der EZB bei ihrer Prüfung angewendet. Bei dem aktuellen Bankencheck wird der Stresstest gleichzeitig von der EZB in den Eurozone und der EBA in den restlichen EU-Staaten durchgeführt. Die davor kommende Durchleuchtung von Risiken und Bilanzen ("asset quality review") wird aber nur von der EZB und daher nur bei den systemrelevanten Banken der Eurozone durchgeführt.

Was geschieht, wenn eine Bank bei der Bilanzprüfung Risiken falsch verbucht oder dafür nicht vorgesorgt hat?

Dann wird sie wohl möglichst rasch, jedenfalls vor Beginn des Stresstests, versuchen das nötige Eigenkapital aufzufüllen. Auch bei früheren Stresstests 2011 wurde das meiste Kapital vor Beginn des Tests aufgenommen. Man wird nicht eine Bank beim Stresstest durchfallen lassen, wenn zwischen Bilanzprüfung und Stresstest das fehlende Kapital nachgebracht wurde.

Wie ordnet sich dieser Bankencheck in die Bankenunion ein?

Die Bankenunion beruht auf drei Säulen. Die erste ist die europäische Bankenaufsicht, die für die Eurozone ab November 2014 von der EZB übernommen wird. Der jetzt gestartete Bankencheck ist eine Voraussetzung dafür, dass die EZB ihre Aufgabe übernehmen kann. Die anderen beiden Säulen sind Regeln für die Abwicklung (Schließung) von Banken und eine gemeinsame Einlagensicherung. In diesen Fragen gibt es noch keine Vereinbarungen auf europäischer Ebene.

Was bedeutet das Kürzel "SSM"

SSM steht für "Single Supervisory Mechanism" oder auf Deutsch "Gemeinschaftlicher Bankenaufsichtmechanismus". Das ist die korrekte Bezeichnung für die EZB-Bankenaufsicht, unter die die großen Banken der Eurozone fallen. EU-Staaten außerhalb der Eurozone können freiwillig daran teilnehmen.

(Schluss) tsk/phs

WEB http://www.ecb.int

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