16.04.2014 15:09:31
|
EU verschärft Vorschriften zur Entsendung von Arbeitnehmern
STRAßBURG (AFP)--Im Kampf gegen Minilöhne und Sozialdumping verschärft die EU die Regeln zur Entsendung von Arbeitern ins Ausland. Das Europaparlament verabschiedete am Mittwoch abschließend eine entsprechende Neufassung der so genannten Entsenderichtlinie aus den Jahr 1996. Vorgesehen sind striktere Auflagen für Unternehmen, die Arbeitnehmer in ein anderes Land entsenden.
Ziel ist es, klar zwischen einer "echten Entsendung" von Arbeitern und einer Umgehung der geltenden Bestimmungen zu unterscheiden - etwa durch Briefkasten-Firmen, die in Ländern mit einem schwachen Arbeits- und Sozialschutz gegründet werden. Auch wurde die Definition von Scheinselbstständigkeit klarer gefasst. Grund für die neuen Vorschriften waren Klagen über Missbrauch und Niedriglöhne etwa in der Baubranche. Betroffen sind rund 1,2 Millionen Arbeitnehmer, die in der EU zeitweilig in andere Mitgliedstaaten geschickt werden.
Der in monatelangen, harten Verhandlungen zwischen Unterhändlern des Parlaments und der 28 EU-Staaten ausgehandelte Kompromiss enthält zwar eine Minimalliste nationaler Kontrollmaßnahmen. Jedes Land kann aber wie bisher weitgehend selbst über seine Kontrollen entscheiden. Forderungen von linken Abgeordneten nach obligatorischen unangemeldeten Kontrollen fanden keine Mehrheit. Das gleiche gilt für die Forderung nach einem EU-weiten System für eine gemeinsame Haftung von Hauptauftraggebern und Subunternehmern, etwa für unbezahlte Löhne, für alle Branchen. Die Neuregelung enthält eine solche Gesamthaftung nur für das Baugewerbe.
Damit werde es auch in Zukunft keine "effektiven Instrumente gegen die massive Ausbeutung entsandter Arbeitnehmer geben", kritisierte die SPD-Politikerin Jutta Steinruck. Ziel sei es gewesen, diese Form der "modernen Sklaverei" abzuschaffen. Die Neuregelung löse die wichtigsten Probleme nicht, sie verlagere sie nur zum Europäischen Gerichtshof (EuGH).
"Die neue Entsenderichtlinie ist eine Mogelpackung", kritisierte auch Frank Schmidt-Hullmann, Europa-Experte der IG Bau. Es gebe nach wie vor keine Möglichkeit für überraschende Baustellenkontrollen, sagte der Gewerkschafter dem WDR 5 Morgenecho. Mit angekündigten Kontrollen sei Betrug aber nicht zu bekämpfen. "Darauf stellen sich die Firmen ein". Nach Einschätzung des Gewerkschafters wird bei etwa 80 Prozent aller ausländischen Bauarbeiter auf die eine oder andere Art betrogen. "Es handelt sich um organisierte Kriminalität."
"Dies ist der beste Kompromiss, der möglich war", erklärte EU-Sozialkommissar Laszlo Andor. Er rief die EU-Staaten auf, die neuen Vorschriften zügig in nationales Recht umzusetzen, um Missbräuchen vor allem auf dem Bausektor ein Ende zu bereiten.
Die Entsende-Richtlinie aus dem Jahr 1996 legt zwar bereits Mindeststandards für Arbeits- und Ruhezeiten, Löhne oder Sicherheit fest, etwa für Bauarbeiter oder Feldarbeiter aus Osteuropa. Doch die Erfahrung hat gezeigt, dass die Regeln in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten unzureichend angewandt werden. Angeprangert wird einerseits die Ausbeutung ausländischer Arbeiter durch skrupellose Unternehmer. Andererseits gibt es Klagen über Billiglöhne, die das einheimische Lohnniveau drücken.
Die EU-Staaten haben den neuen Vorschriften bereits zugestimmt. Sie müssen sie nun noch formal absegnen. Die Mitgliedsländer haben anschließend zwei Jahre Zeit, um die Vorschriften in nationales Recht umzusetzen.
DJG/hab
(END) Dow Jones Newswires
April 16, 2014 08:53 ET (12:53 GMT)- - 08 53 AM EDT 04-16-14
![](https://images.finanzen.at/images/unsortiert/wertpapierdepot-absichern-aktienchart-boerse-750493204-260.jpg)
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!