16.07.2014 06:48:30
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EU plant erstmals direkte Sanktionen gegen russische Konzerne
Von Matthew Dalton
BRÜSSEL--Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union dürften am Mittwoch beim EU-Gipfel in Brüssel neue Sanktionen gegen Russland beschließen. Sie sind der Ansicht, dass die Regierung in Moskau entgegen den Erwartungen nicht genug getan habe, um die Gebietskämpfe im Osten der Ukraine zu unterbinden.
Die Sanktionen würden in bescheidenem Maße ausgeweitet, teilten europäische Beamte nach einem Treffen von Spitzendiplomaten am Dienstag mit. Der Schritt wäre dennoch folgenreich: Erstmals werden die Sanktionen der EU auch Unternehmen treffen, die von den Unruhen in der Ostukraine sowie Russlands Annexion der Krim-Halbinsel profitieren oder diese unterstützen.
Im Februar hatte sich Russland die Krim nach einem umstrittenen Unabhängigkeitsabstimmung der dort lebenden, vornehmlich russischsprachigen Bevölkerung einverleibt. Prorussische Separatisten kämpfen nun im ebenfalls stark russisch geprägten Osten der Ukraine um die Unabhängigkeit.
Die EU-Spitzen würden am Mittwoch noch nicht genau festlegen, welche Unternehmen in die Sanktionsliste aufgenommen würden, sagten die Sachkenner. Das würden die europäischen Top-Diplomaten und Außenminister erst in den kommenden Tagen und Wochen beschließen.
Bisher zielten die europäischen Sanktionen vornehmlich auf Einzelpersonen und - in einigen wenigen Fällen - auf Unternehmen, die diese Personen direkt kontrollieren.
Die USA dagegen hat bereits eine Reihe von Unternehmen auf ihre Sanktionslisten gesetzt, darunter das russische Eisenbahnunternehmen Transoil, den Pipeline-Konzern Stroigasmontasch und den Limonadenhersteller Aquanika. All diese Betriebe werden von Russen aus dem innersten Machtzirkel um Russlands Präsident Wladimir Putin kontrolliert.
Amerikanische Spitzenpolitiker verfolgen den EU-Gipfel genau. US-Präsident Barack Obama, Außenminister John Kerry und andere US-Regierungsvertreter hätten sich in den vergangenen Tagen mit ihren europäischen Kollegen besprochen, sagten Insider. Sie hätten die Europäer klar zu neuen Sanktionen gegen Moskau aufgerufen, weil Russland die Lage nicht ausreichend entschärfe. Die Regierung in Washington will selbst ihre Sanktionen gegen Russland verstärken und könnte dies auch im Alleingang tun. Die USA sind jedoch der Ansicht, dass eine konzertierte Aktion zusammen mit den Europäern effektiver sei.
"Auf einmal ist der politische Wille da"
Die EU-Entscheider dürften keine Sanktionen der sogenannten dritten Stufe anstoßen, die sich gegen weite Teile der russischen Wirtschaft richten würden. Aber sie haben nun grundsätzlich den Willen, die Strafmaßnahmen auszuweiten, weil Putin nach ihrer Auffassung mehrere Bedingungen nicht erfüllt hat, die sie beim EU-Gipfel im Juni gestellt hatten. Darunter fällt die Rückgabe von drei Grenzposten an die ukrainischen Behörden, die Freilassung von Geiseln aus den Händen prorussischer Rebellen und der Beginn "substanzieller Verhandlungen" über den vorgeschlagenen Friedensplan des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko.
Vertreter des Westens sagen, Russland unterstütze die Separatisten mit Waffen, gepanzerten Fahrzeugen und Kämpfern, die über die Grenze in die Ostukraine strömen.
"Die allgemeine Stimmung war die, dass die EU die Sanktionen vorantreiben müsse", sagte ein europäischer Diplomat am Dienstag. "Auf einmal ist der politische Wille da."
Nach dem EU-Gipfel im Juni hatte Poroschenko eine Waffenruhe aufgekündigt und einen militärischen Großeinsatz gegen die Rebellen im Osten der Ukraine begonnen. Die Aufständischen haben unter anderem die zweitgrößte ukrainische Stadt Donezk besetzt.
Die europäischen Staats- und Regierungschefs dürften laut Beamten am Mittwoch außerdem Vereinbarungen zur wirtschaftlichen Modernisierung Russlands aussetzen, welche die Europäische Investitionsbank und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung einst mit der russischen Regierung geschlossen hatten.
Im Vergleich zu den USA hat die EU beim Einsatz von Sanktionen einen begrenzteren Handlungsspielraum. Sie darf Sanktionen gemäß EU-Recht nur gegen Einzelpersonen oder Unternehmen verhängen, die direkt etwas mit Russlands Vorgehen in der Ukraine zu tun haben. Aus dem Grund haben etwa die USA bereits Sanktionen gegen den russischen Milliardär, Energiehändler und Putin-Vertrauten Gennadi Timtschenko verhängt, die EU aber nicht.
Mitarbeit: Carol E. Lee.
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July 16, 2014 00:19 ET (04:19 GMT)
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