07.10.2013 07:05:31

EU debattiert über Konsequenzen aus Flüchtlingsdrama vor Lampedusa

   LAMPEDUSA (AFP)--Nach der Flüchtlingstragödie vor Lampedusa stellt die EU ihre Einwanderungspolitik auf den Prüfstand. Frankreich kündigte am Sonntag an, das Thema auf die Agenda des EU-Gipfels Ende Oktober zu setzen. Die EU-Kommissarin für humanitäre Hilfe, Kristalina Georgieva, mahnte offenere Grenzen an. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso will die italienische Insel am Mittwoch besuchen; die Zahl der geborgenen Leichen erhöhte sich auf 143.

   Der französische Außenminister Laurent Fabius sagte, es sei "sehr wahrscheinlich", dass Paris die Flüchtlingsfrage auf die Agenda des EU-Gipfels Ende Oktober setzen werde. Der Empörung müssten nun Taten folgen. Nötig sei eine Aufstockung der Entwicklungshilfe und ein strengeres Vorgehen gegen die Schlepper. Darüber hinaus verlangte Fabius mehr Geld für die EU-Grenzagentur Frontex, deren Jahresbudget von 50 bis 60 Millionen bei Weitem nicht ausreiche. Die EU-Staaten müssten schnell "die richtige Antwort finden", mahnte Frankreichs Regierungschef Jean-Marc Ayrault. "Mitgefühl genügt nicht."

   Über die politischen Konsequenzen der Tragödie vom Donnerstag soll auch bei einem Treffen der EU-Innenminister Anfang der Woche in Luxemburg diskutiert werden. EU-Kommissarin Georgieva sagte der Tageszeitung "Die Welt", die Europäer müssten nicht nur "die Herzen und die Geldbeutel" offen halten, sondern auch ihre Grenzen. Die EU basiere auf Solidarität: "Das bedeutet, dass wir Menschen willkommen heißen müssen, wenn sie unsere Hilfe brauchen."

   Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) verteidigte die Grenzpolitik der EU. "Wir alle sind erschüttert von den dramatischen Bildern aus Lampedusa. Der Vorwurf, dass sich Europa abschottet, ist jedoch falsch", sagte Friedrich der "Welt am Sonntag". Allein Deutschland habe in diesem Jahr "schon annähernd 80.000 Menschen Zuflucht gewährt".

   Italiens Integrationsministerin Cécile Kyenge kündigte konkrete Schritte an. Sie plane, die Kapazität der Flüchtlingslager auf 24.000 Betten zu verdreifachen. Auch die Bestrafung von illegalen Einwanderern und denjenigen, die ihnen zur Hilfe kommen, müsse überdacht werden. "Wir müssen unseres Gesetze verändern", sagte Kyenge. Ministerpräsident Enrico Letta machte im Sender SkyTG24 Libyen für das Problem mitverantwortlich. "Unser Problem ist Libyen", sagte Letta. Italien könne nicht "alles auf seine Schultern nehmen".

   Die Rettungskräfte bargen am Sonntag 32 weitere Leichen, wie die Nachrichtenagentur Ansa meldete. Damit erhöhte sich die Zahl der bestätigten Todesopfer auf 143. Nur 155 Bootsinsassen konnten gerettet werden. Da die genaue Zahl der Passagiere nicht bekannt ist, gehen die Behörden davon aus, dass zwischen 320 und 360 Flüchtlinge bei dem Unglück ums Leben kamen.

   Zeugen warfen der Küstenwache am Wochenende vor, zu spät reagiert zu haben. Bis zum Eintreffen der Rettungskräfte seien 45 Minuten verstrichen, sagte ein Fischer, der mit einem Boot in der Nähe des gekenterten Schiffs unterwegs war und den Opfern zur Hilfe kam. Die Küstenwache wies dies zurück. Der erste Notruf sei um 7.00 Uhr eingegangen, 20 Minuten später seien die Retter vor Ort gewesen.

   DJG/hab

   (END) Dow Jones Newswires

   October 07, 2013 00:33 ET (04:33 GMT)- - 12 33 AM EDT 10-07-13

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