24.10.2014 13:14:00

EU-Budget 2014 - Nachzahlung empört London, Faymann freuen Rückflüsse

Wegen einer neuen Berechnungsmethode und neuen Konjunkturdaten könnte sich Österreich fast 300 Millionen Euro an Einzahlungen in das EU-Budget 2014 ersparen. Die britische Tageszeitung "Financial Times" veröffentlichte Donnerstagabend Zahlen aus vorläufigen Berechnungen der EU-Kommission. Demnach müsste Großbritannien rund 2,1 Milliarden Euro nachzahlen, was für Verärgerung in London sorgte.

Nach der vorläufigen Berechnung nach der neuen Methode ESVG 2010 (Europäisches System der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung) würde Österreich mit 294,3 Millionen Euro profitieren. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) sagte am Freitag am Rande des EU-Gipfels in Brüssel, er sei aber natürlich erfreut, "wenn zusätzliches Geld ins Haus kommt", aber er "will den Tag nicht vor dem Abend loben": Er könne noch nicht sagen, ob diese neuen Berechnungen vor allem in der Größenordnung so stimmen.

Großbritannien müsste am meisten nachzahlen - 2,1 Mrd. Euro. De Niederlande müssten mit 642,7 Millionen Euro den zweithöchsten Betrag aller 28 EU-Staaten nachschießen, gefolgt von Italien (340,1 Mio.). Insgesamt müssen sich neun Mitgliedsländer auf Nachzahlungen einstellen. Bei den 19 Staaten, die Geld zurückerhalten sollen, liegt Frankreich mit 1.016,3 Millionen Euro an der Spitze, gefolgt von Deutschland (779,2 Mio.), Dänemark (321,4 Mio.), Polen (316,7 Mio.) und Österreich (294,3 Mio.).

Im europakritischen Großbritannien, das sich immer wieder mit Brüssel einen Streit um Zahlungen liefert, und wo der integrationskritische Premier David Cameron aufgrund des Erstarkens der Anti-EU-Kräfte immer stärker unter Druck steht, sorgt die Forderung für Empörung. "Es ist einfach nicht akzeptabel, die Beiträge für vergangene Jahre zu ändern und sie dann von einem Moment auf den anderen einzufordern", reagierte ein britischer Regierungsvertreter, nachdem die Forderung am Rande des EU-Gipfels in Brüssel bekannt geworden war. EU-Kommissionssprecher Patrizio Fiorilli bestätigte der Nachrichtenagentur AFP den Betrag für Großbritannien. "Die Europäische Kommission hat dieses Geld nicht erwartet und braucht das Geld daher nicht und wir werden daher mit anderen betroffenen Ländern zusammenarbeiten, um alles zu tun, um das anzufechten", sagte der britische Regierungsvertreter.

Der britische Premierminister David Cameron machte die Nachzahlungen zu einem Gipfelthema und forderte ein Sondertreffen der EU-Finanzminister. Der niederländische Regierungschef Mark Rutte sagte für sein Land im Rundfunksender NOS: "Diese Nachricht ist eine unschöne Überraschung und wirft viele Fragen auf." Rutte und Cameron trafen sich bereits zu einem Gespräch zu dem Thema am Rande des Gipfels.

Nach Darstellung der EU-Kommission kommen die Änderungen bei den Zahlungen nicht überraschend. Wenn sich im Herbst eines jeden Jahres herausstelle, dass die Wirtschaft eines Mitgliedslandes stärker gewachsen sei als vom Land selbst zuvor angenommen, erhöhe sich der jeweilige Beitrag für das EU-Budget, teilte der Sprecher von EU-Haushaltskommissar Jacek Dominik auf Anfrage mit. Falls das Wirtschaftswachstum hingegen niedriger ausfalle, gebe es Rückzahlungen. Das Verfahren sei von den Mitgliedstaaten gebilligt. Bei den Beratungen über die Wachstumszahlen seien Vertreter der Mitgliedstaaten anwesend. "Im Fall von Großbritannien und den Niederlanden ist das Bruttoinlandsprodukt 2014 wesentlich höher gewesen, als sie selbst Anfang des Jahres gedacht haben, also wird ihr Beitrag erhöht", sagte Dominik.

Die neuen Zahlen sind aber auch Folge der von der EU-Statistikbehörde Eurostat eingeführten Neuerung, wonach bei der Berechnung des Bruttoinlandsproduktes (BIP) nun etwa auch illegale Wirtschaftsbereiche wie Prostitution und Drogenhandel sowie Investitionen berücksichtigt werden. Etwa 70 Prozent des EU-Budgets wird aus den Hauptstädten in einer Art Mitgliedsbeitrag nach Brüssel überwiesen. Er richtet sich nach der Wirtschaftsleistung der Länder.

Darauf angesprochen, dass Premier Cameron in der Budgetfrage nicht nachgeben wolle, sagte Faymann: "Nachdem ja mehrere Länder betroffen sind, wird sich eine Debatte ergeben. Aber bei einer Debatte ist man am stärksten, wenn man harte Fakten hat. Die werden gerade ausgearbeitet. Alles, was für uns gut ist, darüber freuen wir uns."

Der Chef der EU-feindlichen britischen United Kingdom Independent Party (UKIP), Nigel Farage, sagte: "Das ist einfach empörend." Cameron habe versprochen, die Zahlungen an die EU zu verringern - doch nun steige der Betrag, setzte Farage den Regierungschef unter Druck. "Die EU ist wie ein durstiger Vampir, der sich vom Blut der britischen Steuerzahler ernährt." Camerons regierende Konservative müssen sich im kommenden Mai Parlamentswahlen stellen. Bei den Europawahlen im Mai war UKIP in Großbritannien stärkste Kraft geworden. Der britische Premier hat den Briten unter dem Druck der EU-Skeptiker bei einer Wiederwahl für 2017 ein Referendum über den Verbleib des Vereinigten Königreichs in der EU versprochen.

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(Schluss) mri/jep/ar

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