20.05.2014 11:56:31
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EU-Anwalt: Deutschland kann EU-Bürgern Sozialleistungen verwehren
Von Gabriele Steinhauser
Deutschland kann unter bestimmten Bedingungen die Zahlung von Sozialleistungen an in Deutschland lebende EU-Bürger verweigern. Wenn EU-Bürger ausschließlich nach Deutschland kämen, um Sozialhilfe zu beziehen und keine Anstalten machten, sich zu integrieren, könne die Zahlung von Sozialleistungen verweigert werden, befand ein wichtiger Gutachter des Europäischen Gerichtshofs.
Das Gutachten in einem Fall, der erst in einigen Monaten vor dem Europäischen Gerichtshof entschieden werden wird, kommt nur wenige Tage vor den Wahlen zum Europäischen Parlament. Im Wahlkampf hatte das Thema "Sozialtourismus" in einigen Ländern die Debatten mitbestimmt. In den Niederlanden und in Großbritannien etwa warnten Politiker verschiedener Parteien davor, dass Bürger ärmerer Staaten in ihre Länder kämen, um die großzügigeren Sozialleistungen auszunutzen.
In Deutschland hatte die bayerische CSU das Thema seit Jahresbeginn zum Wahlkampfthema erhoben. Bei einer Klausurtagung der CSU-Landesgruppe beschloss die Partei Anfang Januar ein Papier mit dem Slogan "Wer betrügt, der fliegt". Im Wahlkampf für die Kommunalwahlen im März und die Europawahlen am Sonntag warnten die Christdemokraten wiederholt davor, dass Kosten für Sozialleistungen an EU-Arbeitsmigranten dramatische Ausmaße annehmen könnten.
In dem konkreten Fall geht es um eine Rumänin und ihr Kleinkind, die seit Jahren in Leipzig leben und die Zahlung von Hartz-IV-Sozialleistungen verlangen. Deutschland hatte den Fall an den Europäischen Gerichtshof übergeben. Denn die Sozialrichter in Leipzig wollten vom Europäischen Gerichtshof wissen, ob sie auch die Zahlungen zur "Grundversorgung" von Ausländern verweigern dürfen.
Nach europäischen Recht dürfen die Einwohner aller EU-Staaten in jedem der 28 Mitgliedsländer arbeiten. Allerdings müssten Ausländer in der Lage sein, sich durch ihre Arbeit selbst zu versorgen. Die Sozialrichter in Leipzig waren sich bei der Beurteilung des Falles der jungen Rumänin jedoch nicht sicher, ob das auch für die "Basisversorgung" gilt, wie sie durch die Hartz-IV-Gesetzgebung sichergestellt wird. Darin sind zum Beispiel auch Zahlungen für Grundbedürfnisse wie Unterkunft und Heizung enthalten.
Die Gutachter argumentieren bei ihrer ablehnenden Meinung, dass die Rumänin keinerlei Anstalten gemacht habe, sich um einen Job in Deutschland zu bemühen. Der Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof, der Belgier Melchior Wathelet, argumentierte jetzt, es bestehe kein prinzipieller Anspruch auf Leistungen zur Grundversorgung. "Eine Rechtssprechung, die Personen von der Grundversorgung ausschließt, die nur nach Deutschland kämen, um von den deutschen Sozialleistungen zu profitieren, statt sich auf dem Arbeitsmarkt zu integrieren, ist im Einklang mit den Absichten der EU-Vorgaben," sagte Wathelet in seinem Schlussantrag für das Verfahren.
Das Gutachten ist für das Gericht nicht bindend, in den meisten Fällen folgen die Richter aber den Empfehlungen der Gutachter.
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May 20, 2014 05:23 ET (09:23 GMT)
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