03.10.2013 12:26:00

E-Control - EVU könnten Strom noch weiter verbilligen

Die heimischen Stromversorger könnten den Haushaltskunden die Elektrizität trotz der jüngsten Preissenkungen in mehreren Bundesländern noch billiger hergeben, sagt die Energieregulierungsbehörde E-Control. Einzelne EVU, etwa in OÖ, NÖ und Wien, würden Bruttomargen von mehr als 40 Prozent erzielen. Bundesweit könnte man den privaten Kleinkunden zusammen 170 bis 190 Mio. Euro Ersparnis zukommen lassen, pro Haushalt im Schnitt 40 Euro pro Jahr, sagte E-Control-Vorstand Walter Boltz am Donnerstag vor Journalisten.

3 bis 4 Prozent Verbilligung auf die Energiekomponente, wie sie etwa bei Wien Energie und EVN per 1. Oktober erfolgt sind, seien "doch zu mickrig", meinte Boltz. Eine Ermäßigung in Höhe von 10 Prozent, wie sie der Verbund per 1. September vollführt hat, sei "zumindest einmal ein ordentlicher Schritt". Derzeit könnten die Energieversorger an der Börse Strom um 45,50 Euro pro Megawattstunde (MWh) einkaufen, würden Elektrizität an Haushalte aber zu Preisen von bis zu 87,50 Euro/MWh verkaufen. Daraus resultiere ein Bruttomargenanteil von über 40 Prozent.

Vor zwei, drei Jahren, hätten die Margen im Haushaltssektor generell nur 20 bis 25 Prozent betragen, jetzt fast das Doppelte. "Wir halten das für unangemessen, da die EVU in ihren jeweiligen Versorgungsgebieten mit 70 Prozent Anteil der Marktführer sind", sagte Boltz bei der Präsentation des jüngsten Marktberichts zu Strom und Gas. Er hält bei großen Versorgern Margen um die 10 Prozent und bei kleinen EVU von 20 bis 25 Prozent für okay, im Schnitt seien sie aber doppelt so hoch. Die Großhandelspreise bei Strom dürften "locker auch die nächsten fünf Jahre noch niedrig bleiben", schätzt der E-Control-Vorstand und verweist auf das anhaltende (Öko- und Kohle-) Stromüberangebot in Deutschland bei gleichzeitig fehlendem Leitungsausbau.

Die Strom-Einkaufsgemeinschaft-Aktion des Verein für Konsumenteninformation (VKI), der zigtausende Kunden für einen gemeinsamen und damit billigeren Energiebezug sammeln will, begrüßt und unterstützt die E-Control laut Boltz ausdrücklich. Derzeit stehe die Aktion, die als künftiger neuer "Großkunde" auf entsprechende Preisnachlässe hofft, bereits bei zirka 30.000 Interessenten. Anmeldungen sind auf https://www.energiekosten-stop.at/ möglich.

Derzeit beruhen die Margen-Berechnungen der E-Control - bei denen die Energie AG OÖ mit 48 Prozent brutto, d.h. 88 Mio. Euro Surplus p.a. allein bei den Haushaltskunden, an der Spitze steht - lediglich auf Modell-Szenarien zu den Beschaffungsstrategien. "Dabei unterschätzen wir aber eher die Einkaufskosten als dass wir sie überschätzen", sagte Johannes Mayer, Leiter der Abteilung Volkswirtschaft der E-Control.

Detailliert etwaige Marktmacht-Missbräuche feststellen können wird die E-Control nach eigener Einschätzung erst 2014, drei Jahre später als geplant. Denn erst für die nächsten Monate erwartet man dazu eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH), dann werde es noch drei, vier Monate dauern, bis die heimischen Versorger erneut befragt werden können, sagte Boltz. Ein erster Versuch der E-Control, an die internen Kalkulationen bzw. die Einstandspreise der EVU heranzukommen, ist an Einsprüchen der Unternehmen gescheitert, obwohl dem Regulator, wie Boltz betont, diese Kompetenz laut EU-Verordnung zustehe.

Um die genaue Höhe der Margen zu erfahren, verlangte die Regulierungsbehörde von 19 Energieunternehmen Einblick in ihre Beschaffungsstrategien, um überprüfen zu können, ob die Höhe der Strompreise für Haushalte gerechtfertigt ist. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bestätigte zwar im Dezember 2012 die Erlaubnis für die Einsicht als verfassungskonform, jetzt geht es noch um die VwGH-Entscheidung in der Sache selbst. Sollte bei der Analyse herauskommen, dass eventuell ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung vorliege - was zum Beispiel bei 60 Prozent Marge und 90 Prozent Marktanteil wohl anzunehmen wäre -, "werden wir einen Antrag an das Kartellgericht stellen, das über weitere Maßnahmen entscheidet", so Boltz. Ob ein solcher Missbrauch vorliege, lasse sich aber nur individuell für einzelne EVU feststellen und nicht mit Modell-Szenarien für die Gesamtbranche. Insgesamt funktioniere der Wettbewerb aber nicht gut, sonst gäbe es nicht so hohe durchschnittliche Margen. In Kürze wird ein Anbieterwechsel noch einfacher, demnächst soll er auch online möglich sein.

In Deutschland enden laut Mayer 90 Prozent solcher Wettbewerbsverfahren mit "freiwilligen" Zugeständnissen der Versorger, etwa Gelder an die Kunden zu retournieren. Mit solchen kurzfristigen Zugeständnissen noch vor Ende eines Kartellgerichtsverfahrens ließen sich auch die drohenden Strafen abwenden, so Boltz. An sich geht es dabei im Extremfall um bis zu 10 Prozent des Umsatzes, bei einer erstmaligen Verurteilung sind es aber deutlich weniger.

Die Verfahren über die Strom-Netzkosten-Festlegung für 2014 sind noch im Laufen, sagte Boltz auf Anfrage. In ganz Österreich zusammen würden die Netzkosten in Summe leicht sinken, vereinzelt könne es bei EVU aber auch zu Erhöhungen kommen. Genannt wurde hier in der Vergangenheit etwa die Wien Energie, der Nachdotierungen der Pensionsrückstellungen zu schaffen machen. Die Gesamtkosten für die Wienstrom-Kunden könnten sich somit erhöhen, obwohl die Energiekomponente selbst, die nur rund 40 Prozent der Rechnung ausmacht, zuletzt ja etwas billiger wurde.

(Forts.) sp/itz

WEB http://www.e-control.at

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