28.09.2016 11:10:46

Draghi sieht noch viel Aufklärungsbedarf über EZB-Geldpolitik

   Von Hans Bentzien

   FRANKFURT (Dow Jones)-- Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) ist der akademischen Forschung nach Aussage von Präsident Mario Draghi vorausgeeilt. Bei der ersten Jahresforschungskonferenz der EZB sagte Draghi laut vorab verbreitetem Redetext, die EZB brauche interne und externe Forschungsergebnisse, um die eigene Geldpolitik einzuschätzen und für die Zukunft zu rüsten. Besonders erwünscht seien Erkenntnisse über die Wechselwirkungen der Geldpolitik mit anderen Politikfeldern.

   "Wir mussten Geldpolitik und Forschung in Echtzeit betreiben, und in vielen Fällen haben wir uns auf Neuland begeben", sagte Draghi. Er fügte hinzu: "Während der Krise ist unsere interne Analyse der Forschung vorausgeeilt, aber nun wollen wir, dass die Forschung aufholt." Draghi nannte zu Beginn der ersten Forschungskonferenz ein Feld, das der EZB besonders wichtig ist: Die Wechselwirkungen zwischen Geldpolitik und anderen Politikfeldern.

   "Meiner Meinung nach wird zunehmend deutlich, dass diese Wechselwirkungen an der effektiven Zinsuntergrenze zunehmen", sagte Draghi. Eine angemessene Politik könne die Wirkungen anderer Politikfelder verstärken, während eine falsche Politik deren Nebenwirkungen verschärfen könnten. "Damit Geldpolitik mit maximaler Wirkung und minimalen Nebenwirkungen umgesetzt werden kann, müssen wir diese Wechselwirkungen besser verstehen", sagte Draghi.

   So wisse die EZB zwar, dass die Zinsen nur dann angehoben werden könnten, wenn bestimmte Strukturreformen für ein höheres Potenzialwachstum und höhere Langfristzinsen gesorgt hätten, doch sei noch nicht klar, welche Reformen zum Beispiel für eine höhere Totale Faktorproduktivität nötig seien. Auch wisse man noch nicht genug über die Unterschiede, die es diesbezüglich zwischen den Ländern gebe.

   "Strukturreformen sind politisch schwer umzusetzen, umso belastbarer müssen die Forschungsergebnisse hier sein, und umso sorgfältiger muss auf die richtige Reihenfolge von Reformen geachtet werden, damit es zu schnellen Resultaten kommt und der Reformeifer nicht erlahmt", sagte der EZB-Präsident. Mehr Erkenntnisse brauche es zudem zum richtigen Mix in der Finanzpolitik.

   Aber auch die EZB braucht laut Draghi wegen ihrer neuen Aufgaben die Hilfe der Akademiker, um die Wechselwirkungen von makroprudenzieller Politik, Bankenaufsicht und Geldpolitik besser zu verstehen.

   Schließlich sprach der EZB-Präsident noch ein weiteres Thema an, das vor allem den Deutschen sehr am Herzen liegt: "Es ist wenig bekannt über die Umverteilungseffekte der unkonventionellen Instrumente, die wir eingesetzt haben", sagte Draghi. Die Bundesbank war kürzlich zu dem - vorläufigen - Ergebnis gekommen, dass die Geldpolitik die Unterschiede zwischen Arm und Reich nicht vergrößert.

   Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

   DJG/hab/apo

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   September 28, 2016 04:58 ET (08:58 GMT)

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