Wechselkurse im Blick |
08.05.2014 17:25:30
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Draghi: EZB stellt Lockerung für Juni in Aussicht
Außerdem nährte Draghi die Erwartung einer weiteren geldpolitischen Lockerung, indem er darauf verwies, dass im kommenden Monat neue Prognosen des EZB-Stabs zu Inflation und Wachstum anstehen. Sehr kritisch äußerte sich Draghi zum hohen Wechselkurs des Euro. "Nun ist nicht mehr die Frage, ob und wann etwas passiert, sondern nur noch was", sagte Alexander Krüger, Chefvolkswirt des Bankhaus des Lampe.
EZB-Präsident Draghi äußerte in der Pressekonferenz sehr deutlich sein Missfallen über den hohen Kurs der Gemeinschaftswährung. "In einem Umfeld niedriger Inflation ist der hohe Wechselkurs sehr besorgniserregend", sagte er. Der EZB-Rat habe dieses Thema ausführlich besprochen und werde die Wechselkursentwicklung genau beobachten. In seiner offiziellen Stellungnahme führte Draghi den Euro als ein Risiko dafür auf, dass die Inflationsentwicklung noch gedämpfter als von der EZB erwartet verlaufen könnte.
Angesprochen auf mögliche Devisenmarktinterventionen und die diesbezügliche Verabredung der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G-20), Wechselkurse nur im gegenseitigen Einvernehmen zu manipulieren, sagte Draghi: "Wir werden das bedenken und dann weiter sehen." Ein Bundesbank-Sprecher sagte, Draghis Äußerungen zum Wechselkurs stimmten völlig mit dem überein, was auch Bundesbank-Präsident Jens Weidmann in jüngster Zeit erklärt habe.
Zuvor hatte der EZB-Rat wie weithin erwartet beschlossen, seine Leitzinsen unverändert zu lassen. Eine nicht unbeträchtliche Zahl von Beobachtern rechnet aber jüngsten Umfragen zufolge damit, dass die EZB ihre Politik im Juni weiter lockern wird. Sie halten sowohl Leitzinssenkungen inklusive eines negativen Satzes für Bankeinlagen bei der EZB als auch Maßnahmen für denkbar, die auf eine höhere Liquidität im Bankensystem zielen. Der groß angelegte Kauf von Wertpapieren (Quantitative Easing) gilt dagegen als unwahrscheinlich.
Draghi ließ in seinem vorgefertigten Statement die Tür für alle diese Maßnahmen zumindest dem Anschein nach offen. "Der EZB-Rat ist einmütig entschlossen, im Rahmen seines Mandats auch unkonventionelle Instrumente einzusetzen, um den Risiken zu begegnen, die mit einer zu lange niedrigen Inflation einhergehen", sagte Draghi. Auf Nachfrage sagte der EZB-Präsident, die Inflation sei dann zu lange zu niedrig, wenn eine Entankerung der Inflationserwartungen drohe.
Alexander Krüger vom Bankhaus Lampe hält nach den jüngsten Erläuterungen Draghis zur Reaktionsfunktion der EZB für Juni zwei Maßnahmen für möglich: "Auf der einen Seite Liquiditätshilfen, auf der anderen Seite ein Wertpapierkaufprogramm. Möglicherweise gibt es einen Mix aus beidem", sagte er. Die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung liegt nach seiner Einschätzung unter 50 Prozent.
Holger Schmieding, der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, rät zu etwas mehr Vorsicht bei der Interpretation von Draghis Worten. "Draghi hat nur gesagt, dass die EZB zu handeln bereit ist. Er hat nicht gesagt, dass sie auch handeln wird", sagte er. Stattdessen werde die EZB abwarten wollen, wie die bis Anfang Juni anstehenden Daten und die Projektionen aussehen werden. Seiner Meinung nach wird die EZB "nichts oder wenig" tun.
Howard Archer, Volkswirt bei IHS Global Insight, hat nach Draghis Äußerungen dagegen seine Meinung geändert und rechnet nun für Juni mit einer Senkung des Hauptrefinanzierungssatzes auf 0,15 oder 0,10 Prozent sowie mit einem leicht negativen Einlagensatz. Auch Liquiditätsmaßnahmen will er nicht ausschließen.
DJG/hab/apo Dow Jones Newswires
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