09.10.2013 15:17:31
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Deutschland bleibt hart bei Bankenabwicklung
Von Andreas Kißler
BERLIN--Die deutsche Bundesregierung hat ablehnend auf einen jüngsten Kompromissvorschlag von EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier zur Bankenabwicklung reagiert: Ein Sprecher des Finanzministeriums schloss auch eine nur übergangsweise Tätigkeit der Brüsseler Behörde als zentraler Abwickler aus.
"Auch Übergangslösungen müssen rechtlich tragfähig sein, und sie müssen auch rechtlich praktikabel sein", sagte Ministeriumssprecher Marco Semmelmann bei einer Pressekonferenz in Berlin. Für eine Zentralisierung aller Entscheidungen bei der Kommission gebe es keine EU-Rechtsgrundlage, "und das auch nicht übergangsweise".
Barnier hatte vorgeschlagen, dem Euro-Rettungsfonds ESM die Verantwortung für die Abwicklung angeschlagener Banken in der Eurozone zu übertragen. "Der Euro-Rettungsfonds könnte die Abwicklung übernehmen, sobald er zur EU-Institution geworden ist", sagte Barnier dem Handelsblatt vom Mittwoch. "Wir könnten von vornherein festlegen, dass die Kommission die Aufgabe der Bankenabwicklung nur befristet übernimmt und wir auf Dauer eine andere Lösung anstreben."
Der Bundesregierung geht aber auch dieser Kompromissvorschlag offenbar zu weit. "Der Vorschlag von Herrn Barnier räumt die rechtlichen Bedenken nach wie vor nicht aus", erklärte Semmelmann. "An unserer Position hat sich im Grunde nichts geändert." Der Sprecher zeigte sich allerdings offen dafür, dem ESM langfristig nach einer Vertragsänderung die Abwicklung zu übertragen. "Die Abwicklungsbehörde längerfristig mit dem ESM zusammenzubringen, ist eine denkbare Option", sagte er. Dass die Regierung bereit sei dies zu prüfen, habe sie aber schon erklärt.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte erst am Dienstagabend seine Ablehnung des Vorschlages der EU-Kommission für eine zentrale Abwicklungsbehörde bekräftigt. Barniers Richtlinienentwurf für einen EU-Bankenabwicklungsmechanismus sieht vor, dass die Kommission generell das letzte Wort über die Abwicklung maroder Banken bekommen soll. Dieser Vorschlag sei nach einer ersten Debatte bei den EU-Finanzministern "nicht mehrheitsfähig", und ein auf ihm basierender Mechanismus könne "so nicht funktionieren", sagte Schäuble.
Die Bundesregierung hat bereits mehrfach eingewandt, dem Vorschlag, mit dem die Kommission eine solche Behörde bei sich selbst ansiedeln will, fehle eine geeignete Grundlage im EU-Recht, was Schäuble am Dienstag bekräftigte. Er schlug vor, stattdessen in einem ersten Schritt ein zentrales Abwicklungsgremium aus den einzelnen nationalen Behörden zu schaffen, das zunächst nur für große Banken gelten könnte.
Ministeriumssprecher Semmelmann meinte bei der Pressekonferenz, dies sei eine bekannte Position. "Der Anwendungsbereich soll komplementär zur Aufsicht sein und für alle systemrelevanten Banken gelten", hob er hervor.
Berlin und Brüssel streiten seit Monaten erbittert um die Details der Bankenabwicklung, die ein Kernbestandteil der geplanten Regelungen für eine europäische Bankenunion ist. Schäuble hat die Pläne der Kommission für eine zentralisierte Abwicklungsbehörde stets unter Verweis auf die aus Berliner Sicht fehlende Rechtsgrundlage abgelehnt und sah sich jüngst durch kritische Gutachten hierzu auch aus Brüssel selbst bestätigt.
Der Finanzminister hat sogar angekündigt, gegen eine etwaige Entscheidung notfalls vor dem Europäischen Gerichtshof zu klagen. Er schlägt stattdessen als ersten Schritt ein Netz der nationalen Abwicklungsbehörden vor. Die Zeit für eine Einigung drängt. "Wir streben eine Lösung bis Jahresende 2013 an", sagte Semmelmann.
Das deutsche Mitglied im Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB), Jörg Asmussen, hatte zu Beginn der Woche eine schnelle Vollendung der Bankenunion angemahnt und gefordert, Bankenaufsicht und -abwicklung müssten ungefähr zeitgleich in Kraft treten. Sonst sei die Aufsicht ein zahnloser Tiger. "Das ist ein ambitionierter Zeitplan, aber es ist machbar," hatte Asmussen gesagt. Die europäische Bankenaufsicht unter Leitung der EZB soll im Herbst 2014 starten.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
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